15 Punkte für eine erfolgreiche Arbeitsmarktreform

Anlässlich des Reformdialogs zur Arbeitslosenversicherung Neu, zu dem arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich gemeinsam mit anderen österreichischen Organisationen der Zivilgesellschaft am 24.11.21 bei Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit, geladen war, konnte arbeit plus 15 Punkte zur geplanten Reform und zur aktiven Arbeitsmarktpolitik einbringen. Im Zentrum des Gesprächs stand das Ausloten gemeinsamer Sichtweisen. Insbesondere war es arbeit plus wichtig, den Stimmen von langzeiterwerbsarbeitslosen Menschen Gehör zu verschaffen. Vulnerable Gruppen, die von den 200 Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus bei der beruflichen (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt werden, sind von der aktuellen Krise besonders betroffen. Deshalb braucht es verstärktes Augenmerk auf ihre Anliegen und – wie in jeder Reform – ein differenziertes Vorgehen.  

Die 15 Punkte beziehen sich zum einen auf die Reform des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (1-8), zum anderen auf die Vorschläge für eine erfolgreiche Aktive Arbeitsmarktpolitik (9-15):

1. Eine Arbeitsmarktreform muss darauf abzielen, die Lebenslage von Langzeitbeschäftigungslosen – die derzeit über 40% aller Arbeitslosen ausmachen – zu verbessern. Es darf weder zeitliche noch betragsmäßige Kürzungen bei länger dauernder Arbeitslosigkeit geben, insbesondere bei der Notstandshilfe.  

2. Solange das Arbeitslosengeld nicht armutsfest ist, fordert arbeit plus die Beibehaltung der Möglichkeit eines geringfügigen Zuverdiensts während der Arbeitslosigkeit insbesondere für Langzeitbeschäftigungslose.

Aus der Erfahrung der Sozialen Unternehmen ist der Zuverdienst insbesondere für Langzeitbeschäftigungslose förderlich und für besonders vulnerable Zielgruppen, wie etwa psychisch Erkrankte oder Frauen im Niedriglohnsektor, essenziell als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt bzw. für die stufenweise Reintegration, so Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus und ABZ* AUSTRIA Geschäftsführerin, basierend auf den Erfahrungen aus der Praxis Sozialer Unternehmen.

3. Es sind Maßnahmen gefordert, um missbräuchliche Verwendung der Zuverdienstmöglichkeit seitens der Unternehmen einzudämmen.

4. Ein verbesserter und klarerer Berufs- und Entgeltschutz ist notwendig: Niemand sollte eine Erwerbsarbeit mit Entlohnung unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle annehmen müssen.

5. Die Berücksichtigung von Betreuungspflichten sollte an aktuelle, geänderte Familienkonstellationen angepasst werden und nicht nur auf die traditionelle Kernfamilie fokussieren.

6. Anpassung der Wegzeiten an die tatsächliche tägliche Arbeitszeit.

7. Es ist unzumutbar eine geförderte Wohnung für die überregionale Vermittlung einer neuen Arbeitsstelle in einer entfernten Region aufgeben zu müssen.

8. Unbedingt erhalten bleiben muss die Regelung, dass nur vollversicherte Dienstverhältnisse als vermittlungsadäquat angesehen werden. 

Die Sozialen Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus haben aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung, ihrer – besonders in der Coronakrise zum Ausdruck gekommenen – Innovationskraft und durch den direkten Austausch mit ihren Zielgruppen das Potential, (Langzeit-)Beschäftigungslose und vulnerable Zielgruppen dauerhaft zu vermitteln. Langfristig ist die Verwaltung von Arbeitslosigkeit teurer als arbeitsmarktpolitische Förderprogramme, so arbeit plus Geschäftsführerin Sabine Rehbichler. Angesichts der aktuellen Dynamiken braucht es neue Modelle und alternative Lösungen, ist sie überzeugt und bringt folgende konkrete Bedarfe in den Reformdialog ein: 

9. Soziale Unternehmen müssen soziales Arbeitsmarktengagement und Unternehmertum verbinden. Daher braucht es Modelle, die mehr Flexibilität und bessere Planungssicherheit ermöglichen.

10. Es braucht alternative Beschäftigungsinitiativen, die regionale Kreislaufwirtschaft im Sinne der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit unterstützen.

11. Diese o.g. Initiativen müssen gleichzeitig Gleichstellung von Frauen und Männern fördern und Arbeitsplätze durch gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit schaffen.

12. Beschäftigungsinitiativen müssen die ländliche und die demographische Entwicklung berücksichtigen und entsprechende Bedarfe abdecken.

13. Es braucht alternative Beschäftigungsinitiativen, die die stufenweisen (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt unterstützen ebenso wie

14. längerfristige geförderte Beschäftigung, die Perspektiven und gerechte Entlohnung für jene bietet, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können, und innovativ gesellschaftliche Bedarfe deckt.

15. Schließlich benötigt es die vermehrte Förderung von treffsicheren Modellen die Arbeiten und Lernen verbinden, besonders für vulnerablere Gruppen.  

arbeit plus begrüßt die von Bundesminister Kocher kommunizierte Relevanz der Verzahnung von aktiver und passiver Arbeitsmarktpolitik und schlägt vor, von der Möglichkeit der Aktivierung passiver Mittel, insbesondere für die genannten Gruppen, verstärkt Gebrauch zu machen.

> apa OTS