Langzeitbeschäftigungslosigkeit: Entwicklung von 2008 bis 2023

 

Langzeitbeschäftigungslosigkeit und verfestigte Arbeitslosigkeit: Langzeitfolgen von Krisen

Arbeitslosigkeit kann jede:n treffen. Für die meisten Menschen bleibt Arbeitslosigkeit aber eine vergleichsweise kurze Periode, sie finden bereits nach wenigen Monaten wieder einen neuen Job. Gerade in Krisenzeiten und bei schwacher Konjunktur ist es schwierig, einen neuen Job zu finden. Je länger Arbeitslosigkeit andauert, desto schwerer wiegen die Konsequenzen für die betroffenen Menschen. Lang andauernde Arbeitslosigkeit führt nicht nur zu Armut und Ausgrenzung, sondern entwertet auch Qualifikationen und Berufserfahrungen. Studien haben zudem gezeigt, dass Unternehmen bei der Einstellung von Mitarbeiter*innen nach der Dauer der vorangegangenen Arbeitslosigkeit diskriminieren. Menschen, die bereits seit mehreren Monaten arbeitslos sind haben deutlich schlechtere Chancen als Bewerber*innen, die nur kurz arbeitslos waren bei ansonsten identischer Qualifikation. Diese Faktoren sind mit ein Grund, warum Langzeitarbeitslosigkeit selbst bei verbesserter Wirtschaftslage nicht im gleichen Ausmaß sinkt wie die Arbeitslosigkeit insgesamt. Diese Dynamik wird als Verfestigung von Arbeitslosigkeit bezeichnet.

Verfestigung von Arbeitslosigkeit ist in Österreich seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/9 ein Problem. Waren im Jahr 2009 nur rund 36.000 Menschen langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose, so waren im Jahr 2019 bereits 98.564 Personen von lange andauernder Arbeitslosigkeit betroffen. Die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Menschen hat sich damit innerhalb von nur 10 Jahren fast verdreifacht. Die Corona-Krise hat zu einem erneuten starken Anstieg der Langzeitbeschäftigungslosigkeit geführt. Im Jahresschnitt 2021 galten 131.642 als langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose – so viele wie nie zuvor. Beinahe 40% aller im Jahresdurchschnitt 2021 vorgermekten arbeitslosen Personen waren damit langzeitbeschäftigungslos.

Im Jahr 2023 hat sich die Lage – nicht zuletzt Dank zielgerichteter arbeitsmarktpolitischer Programme – wieder gebessert. Im Jahresschnitt galten 74.970 Menschen langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose. Das entspricht 28% aller Arbeitslosen. Die Aktion Sprungbrett und die Corona Joboffensive haben insbesondere Personen unterstützt, die durch die Corona Pandemie langzeitbeschäftigungslos geworden sind.

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Wer bereits vor der Krise für längere Zeit arbeitslos war, hat es nach wie vor schwer, einen neuen Job zu finden. Nach wie vor ist eine große Anzahl von Menschen dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, auf sie darf auch durch die insgesamt positiven Arbeitsmarktzahlen keinesfalls vergessen werden.

Vor allem Ältere, gering Qualifizierte sowie Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen betroffen

Nicht alle Menschen tragen das gleiche Risiko langzeitbeschäftigungslos zu werden. Arbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene finden in den meisten Fällen schnell wieder einen neuen Arbeitsplatz. Dasselbe gilt für gut ausgebildete und gesunde Menschen. Im Gegensatz dazu sind ältere Menschen, sowie Personen mit gesundheitlichen Problemen oder mit geringer formaler Ausbildung (höchstens Pflichtschulabschluss) überdurchschnittlich oft von Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen. In der Gruppe der über 45-Jährigen waren 2023 beinahe die Hälfte der Arbeitslosen langzeitbeschäftigungslos.

Immer mehr Menschen werden dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen

Eine hohe Anzahl von Menschen, die dauerhaft vom Arbeitsmarkt und den damit verbundenen Möglichkeiten zur Teilhabe ausgeschlossen sind, stellt die Gesellschaft als Ganzes vor große Probleme in sozial- wie demokratiepolitischer Hinsicht. Deswegen braucht es mutige politische Lösungen, um der Verfestigung von Arbeitslosigkeit entgegen zu treten: Individuelle und angepasste Weiterbildungsangebote, Modelle, die Arbeiten und Lernen miteinander verbinden und angesichts der fehlenden Jobs staatlich geförderte Beschäftigungsangebote für Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt zu den derzeitigen Bedingungen keinen Job mehr finden, sei es aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen, Betreuungspflichten oder ihres Alters. Dafür sind entsprechende Rahmenbedingungen und finanzielle Ressourcen und nicht zuletzt mehr Personal beim AMS notwendig.


[1] AMS (2022). Arbeitsmarktlage 2021. https://www.ams.at/content/dam/download/arbeitsmarktdaten/%C3%B6sterreich/berichte-auswertungen/001_JB-2021.pdf

[2] Nüß, P. (2018): Duration dependence as an unemployment stigma: Evidence from a field experiment in Germany, Economics Working Paper, No. 2018-06, Universität Kiel.

[3] Siehe auch Eppel, R. et al. (2018). Anstieg und Verfestigung der Arbeitslosigkeit seit der Wirtschaftskrise Entwicklung, Ursachen und Handlungsansätze. WIFO-Studie im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte Niederösterreich. https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=62227&mime_type=application/pdf

[4] AMS Arbeitsmarktdaten Online: http://iambweb.ams.or.at/ambweb/