Zweiter Arbeitsmarkt ohne Alternative

„Das Arbeitskräfteangebot in Wien wächst schneller als das Arbeitsvolumen“, so die Arbeitsmarktexpertin Trude Hausegger. Jährlich wächst Wien um 25.000 Personen, und das bei schwacher Konjunktur. „Investitionen hochhalten, aus der Krise investieren, nicht hineinsparen“, fordert daher die stv. Klubobfrau der SPÖ, Tanja Wehsely. Denn in Wien arbeiten ja nicht nur WienerInnen, 300.000 Menschen pendeln ein. „Die Pendlerförderung, dass die Leute in den Speckgürtel ziehen und die Betriebe absiedeln, das ist keine gute Politik. Wir brauchen eine Kultur der Betriebsansiedlung“, fordert ÖVP-Nationalratsabgeordnete Gabriele Tamandl.

Bekenntnis zum Zweiten Arbeitsmarkt

Einig war sich das Podium über die Bedeutung von Erwerbsarbeit. Barbara Huemer von den Grünen: „Bei Arbeit geht es nicht nur um Geld, sondern um Sinn und Teilhabe.“ Dazu Bernhard Rösch, FPÖ-Gemeinderat: „Menschen wollen gebraucht werden. Der Zweite Arbeitsmarkt ist sehr sinnvoll. Allerdings müssen wir anfangen, die Ursachen zu bekämpfen, und nicht wie bisher die Symptome.“
Ja, wir wollen einen Zweiten Arbeitsmarkt, dieses parteiübergreifende Bekenntnis zu geförderter Beschäftigung bestätigt eine gemeinsame Sicht auf Langzeitarbeitslosigkeit. „Wir müssen uns damit abfinden, dass es Menschen gibt, die der Norm-Arbeitskraft nicht entsprechen. Die Anforderungen des Arbeitsmarkts wachsen schneller, als viele Menschen mitkommen“, so Walter Wojcik, Präsident des DSE-Wien.

Kampfansage der Erwerbsarmut

„Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist keine soziale Hängematte. Zwei Drittel sind Aufstocker; sie verdienen Löhne unterhalb der Existenzsicherung, haben nur geringfügige Beschäftigung, das müssen wir in den Griff bekommen“, so Gabriele Tamandl, ÖVP. Zugleich stellt Hausegger fest: „Es gibt eine Vererbung des Transferleistungsbezugs. Es ist eine Personengruppe, die an den Rand gedrängt ist, nichts anderes erlebt hat, hier sollte frühzeitig interveniert werden.“ Weiters muss die Debatte geführt werden, wie wir damit umgehen, dass der Arbeitsmarkt bestimmte Personen nicht akzeptiert. Zum Beispiel sind sinnvolle Erwerbsmodelle gefragt, für jene Gruppe der Älteren ohne Chancen am Arbeitsmarkt.“

Sozial-ökonomische Betriebe sind wichtig, um langzeitbeschäftigungslose Menschen wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Zugleich sind es Wirtschaftsbetriebe, die Produkte und Dienstleistungen anbieten. Die DSE-Forderung nach der Berücksichtigung sozialer Kriterien bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand findet breite Zustimmung. „18 Prozent des BIP werden über die öffentliche Hand vergeben, da gibt es viel zu tun für sozial-ökonomische Betriebe“, so Huemer. „Sozial-ökonomische Betriebe empfinden manche als Konkurrenz für die Wirtschaft, das ist aber kein Wettbewerb, die übernehmen ja ganz andere Funktionen“, argumentiert Rösch gegenüber möglichen Vorbehalten.

Jobmesse naht

Am 29.September organisiert der DSE die Jobmesse „Perspektive 50+“ in der Volkshalle im Wiener Rathaus. Diese Veranstaltung informiert über die Jobangebote in sozial-ökonomischen Betrieben, bietet Einblicke in ihre Arbeitsweise und über die Angebote der Beratungseinrichtungen, die individuelle Hilfestellung bei der Jobsuche bieten.

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