Solidarität als Keimzelle des Wandels

„Multiple Krisen des Kapitalismus“ ortet Ulrich Brand von der Universität Wien bei seinem Festvortrag anlässlich des 30-Jahre-Jubiläum von arbeit plus (früher: bdv austria). Die Formel, wonach Wirtschaftswachstum alle Probleme löse und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichere, gelte längst nicht mehr, ist er überzeugt: „Im Gegenteil – die mit dem Kapitalismus einhergehende Profit- und Wachstumslogik ist selber zum destabilisierenden Faktor geworden.“

Ungleiche Arbeitsverteilung

Das betreffe auch die Erwerbsarbeit, wo es durch Arbeitsverdichtung auf der einen Seite sowie Arbeitslosigkeit und Prekarisierung auf der anderen Seite, in der Gegenwart verstärkt zu Sinnverlust, Zukunftsängsten oder Burn-Out komme.

Daraus folgt für den Wissenschaftler die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation, an deren Zentrum ein neues Wohlstands- und Arbeitsverständnis stehe. Dazu gehören zentral die Gestaltung solidarischer, gerechter und ökologisch nachhaltiger Produktions- und Lebensweisen sowie die Auseinandersetzung mit Verteilungsfragen. „Es geht nicht nur um die Verteilung von Vermögen und Einkommen, sondern auch um die (Um)Verteilung von Arbeit, Lebenschancen und Macht“, so Brand.

Plädiert für eine sozial-ökologische Transformation: Politologe Ulrich BrandBrand.

Konsum auf dem Prüfstand

Letztlich – und hier wird die Rolle von arbeit plus deutlich – müssten diese Ebenen der Transformation mit progressiven Arbeitspolitiken verknüpft werden. Brand: „Über das Thema Arbeit geraten auch ökologische Aspekte ins Blickfeld, etwa Fragen des Produzierens und Konsumierens: Was wird wo und unter welchen Bedingungen produziert bzw. konsumiert? Wie ist die gesellschaftliche Arbeit verteilt? Welchen gesellschaftlichen Stellenwert messen wir der Erwerbsarbeit im Gegensatz zu anderen Formen der Arbeit wie der Sorgearbeit, bei?“

Realisierung guter Arbeit

Es gäbe keinen Masterplan für eine sozial-ökologische Transformation, aber mehr Bewusstsein für Solidarität im Alltag und in den Institutionen, wäre ein erster Schritt, sagt der Wiener Wissenschaftler. Als Gesellschaft gehe es darum, die historische Errungenschaft der institutionalisierten Solidarität – den Sozialstaat – auch entgegen aktueller Trends, auszuweiten und den aktuellen Herausforderungen anzupassen. Dabei hebt Brand die Aktivitäten von arbeit plus hervor: „Sie und Ihre Sozialen Unternehmen stehen für ein wichtiges Thema und leben im Alltag die Realisierung von guter Arbeit und institutionalisierter Solidarität vor.“

Mut zur Transformation

Zum Schluss seines Vortrags, ermuntert der Politologe das arbeit plus-Netzwerk dazu, sein Wirken als Keimzelle und Experimentierfeld des Wandels zu verstehen: „Ich wünsche Ihnen alles Gute und vor allem den Mut, Ihre wichtige Arbeit in diesen breiteren Kontext einer sozial-ökologischen Transformation und eines guten Lebens für alle zu stellen.“

Hier finden Sie Ulrich Brands Vortrag in voller Länge zum Nachhören: