Neues Gastro-Vergnügen in der Wiener „Sargfabrik“

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Draxl, Hundstorfer, Rihl bei der Eröffnung

Die vorsorglich bereitgestellten Fächer blieben ungeöffnet, dafür passte der starke Wind zur frischen Brise, die ab nun im gastronomischen Angebot der Wiener „Sargfabrik“ weht: Im 14.Wiener Gemeindebezirk eröffneten Sozialminister Rudolf Hundstorfer, AMS Wien-Chefin Petra Draxl und Job-TransFair-Leiter Thomas Rihl kürzlich die „KANT_INE VIER ZEHN“.
Das Besondere daran: Menschen über 50 erhalten hier auf 15 Arbeitsplätzen die Chance auf einen beruflichen Neustart. Einer von ihnen ist Robert Otahal (51): Der Musiker und gelernte Instrumentenbauer arbeitet in der KANT_INE VIER ZEHN als Zahlkellner, seine Stelle ist auf sechs Monate befristet. Otahal ist froh über diese Möglichkeit, nicht nur deshalb, weil er hofft, etwas von den Konzerten in der Sargfabrik mitzubekommen: „Die Gastronomie macht mir an und für sich Spaß. Und die Stelle bringt etwas mehr Geld, als arbeitslos zu sein.“

Robert Otahal (51) hofft auf einen beruflichen Neustart.

Grundsätzlich würde er am liebsten von der Musik und seinem Musikgeschäft leben, doch letzteres wirft noch nicht genug zum Leben ab. Wie schwierig es ist, im etwas fortgeschrittenen Alter einen fixe Anstellung zu erhalten, davon kann er ein Lied singen: „Ich hab in den letzten Jahren jede Woche drei Bewerbungen verschickt. Supermarktkasse, Gasthaus, alles Mögliche. Alles freundliche Absagen, manchmal gar keine Rückmeldung.“

„24.000 Menschen über 50 sind derzeit allein in Wien auf Jobsuche. Wir müssen alles daran setzen, dass diese Zahl kleiner wird“, betonte auch Hundstorfer bei der Eröffnung des Sozialökonomischen Betriebs, der zum Projekt „Kümmerei“ der BFI-Tochter Job-TransFair gehört.

Zufall als Geburtshelfer

„Der Zufall ist ein prächtiger Helfer, wenn man sich auf ihn einlässt“, antwortet Rihl auf die Frage, wie es zum neuen Gastro-Standort der „Kümmerei“ kam. Benannt ist das Areal nach der k. und k. Sargfabrik Julius Maschner und Söhne, die am Standort in der Goldschlagstraße 169 tatsächlich bis in die 1980er Jahre Holzsärge produzierte. Seit 1989 betreibt dort ein Verein ein selbstverwaltetes Wohn- und Kulturprojekt. Die hauseigene Kantine hat der Verein bislang selbst geführt, Job-TransFair vermittelte ihnen im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung eine Küchenhilfe. „Als die Sargfabrik ihren Gastronomiebereich in neue Hände geben wollte, ist sie auf uns zugekommen“, freut sich Rihl.

Bio am Teller

SargfabrikTeam
Restaurantleiterin Manon Neuer (Mitte) mit ihrem Team

Restaurantleiterin Manon Neuer verfügt über jahrelange Gastroerfahrung, etwa in der gehobenen Hotellerie. Ihr ist wichtig, dass die Qualität stimmt: „Bei uns kommen beste Bio-Lebensmittel auf den Tisch, die regional und saisonal verfügbar sind“, betont sie. Geschmacksverstärker oder Convenience-Produkte kommen in der KANT_INE VIER ZEHN nicht zum Zug. Auch das Brot wird entweder selbst gebacken oder beim traditionellen Bäckerei-Familienbetrieb in Penzing zugekauft. Ein Haus-Patissier kümmert sich um die süßen Versuchungen. Die KANT_INE VIER ZEHN steht allen BewohnerInnen, MitarbeiterInnen und Gästen von Montag bis Freitag, 9.00 bis 22.00 Uhr offen. Zwischen 11.30 und 14.00 gibt´s ein Mittagsmenü. Auf der Karte stehen zudem köstliche Suppen, Salate und Jausenbrote.

Dass hier alle befristeten MitarbeiterInnen über 50 Jahre alt sind, ist kein Zufall: „Diese Gruppe ist derzeit am stärksten benachteiligt, deshalb sind seit Anfang des Jahres alle rund 100 Transitarbeitsplätze bei Job-TransFair für sie reserviert“, erklärt Rihl. Im Gastronomiebereich würden nach wie vor Leute gesucht, deshalb mache es Sinn, Leute in diesem Bereich auszubilden. Neben der beruflichen Qualifizierung gehe es vor allem um Zuverlässigkeit und Motivation, so der Job-TransFair-Chef: „Das sind zwei Dinge, die man in jedem Job braucht. Und es sind Dinge, die man vermitteln und entdecken kann.“

Die Eröffnung war gut besucht.

Dass heutzutage viele österreichische Unternehmen keine älteren Beschäftigten einstellen wollen, findet Hundstorfer „kurzsichtig“. Denn: „Am Arbeitsmarkt kommen weniger Junge nach. Und ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben meist viel Erfahrung und Knowhow“, so der Sozialminister. Natürlich seien auch manche krank, räumt er ein: „Aber das ist nicht die Masse.“

Robert Otahal jedenfalls gibt die Hoffnung nicht auf, dass es doch noch einmal mit einem dauerhaften Job klappt: „Ich versuch das, was ich tue mit Liebe zu machen. Vielleicht ergibt sich ja noch was.“