Die Speisekarte vom Michl´s im Ersten Wiener Gemeindebezirk liest sich zum Teil wie ein Streifzug durch Omas Kochbuch: Vom Fiakergulasch über Eiernockerl und Powideltascherl bis zum hausgemachten Guglhupf sind hier viele Klassiker der Wiener Küche versammelt. Der Bürgermeistertoast (mit Mini-Rumpsteak und Röstzwiebel) lässt schon erahnen, wer dem Café Restaurant unweit des Wiener Rathauses seinen Namen gab: „Was für Jamie Oliver das Fifteen in London ist für Schirmherr Bürgermeister Dr. Michael Häupl das Michl’s in Wien“ ist denn auch selbstbewusst auf Foldern und Homepage (www.michls.at )zu lesen. Für Pressekonferenzen und Firmenevents stehen im ersten Stock verschiedene Räumlichkeiten zur Verfügung. Hauseigenes Catering inklusive.
Bei denen, die hier arbeiten, steht am Anfang oft die Angst: „Viele Menschen, die das AMS zu uns vermittelt, sind zunächst unsicher, ob sie das schaffen. Sie haben Angst, Fehler zu machen und ihr Selbstwertgefühl ist im Keller“, weiß Michl´s-Gastroexpertin Martina Bernthaler. Als Projekt der “Wien Work – integrative Betriebe und AusbildungsgmbH”, einem gemeinnützigen Unternehmen der Sozialwirtschaft, erleichtert das Café Restaurant langzeitarbeitslosen und behinderten Menschen den Wiedereinstieg ins Berufsleben. 38 Personen haben im Wiener Café Restaurant eine auf ein halbes Jahr befristete Stelle. Dazu kommen sechs mehrjährige Plätze für angehende PensionistInnen in der neuen „Dependance“ in einem Pflegewohnhaus im Zweiten Wiener Gemeindebezirk.
„Die Leute, die bei uns arbeiten, sind sehr unterschiedlich“, sagt Michl´s-Chefin Monika Kelich: Von der erfahrenen, alleinerziehenden Kellnerin bis zum Maler, der nach 30jähriger Arbeit am Bau zum ersten Mal ein Küchenmesser in der Hand hält.“ Letzterer konnte übrigens nach der Starthilfe im Michl´s als Küchenhilfe in einem Restaurant anfangen. Man sieht Kelich an, wie sehr sie das freut.
Gute Kontakte als Erfolgsgeheimnis
Rund ein Drittel finden, so wie der Ex-Maler, während dieses Jahres oder gleich anschließend wieder einen langfristigen Job, etwa in einer Cateringfirma oder einem Gasthaus. „Wir haben hier Partnerfirmen, mit denen wir schon lange erfolgreich zusammenarbeiten, etwa SV Group oder die Austria Hotels“, sagt Kelich.
Vielfach sei der Rucksack an Problemen, gepaart mit dem generellen Mangel an geeigneten Jobs, aber doch zu groß: „Sehr schwierig ist es beispielsweise, wenn jemand so viele Schulden hat, dass sein Lohn gepfändet wird: Nur die wenigsten Firmen tun sich diesen administrativen Aufwand an“, so Bernthaler. Aber auch diejenigen, bei denen es nicht (sofort) mit dem Wiedereinstieg klappt, profitieren von der Berufspraxis, ist Kelich überzeugt: „Die Leute empfinden Wichtigkeit und Wertschätzung. Und das gibt ihnen Kraft.“