Vor den Vorhang: Mähen als Brotberuf

„Von April bis Oktober ist unser Brotberuf Mähen, Mähen, Mähen“, sagt Peter Reiss-Eichinger, Leiter der Landschaftspflege in Sitzendorf an der Schmida im niederösterreichischen Bezirk Hollabrunn. Seit 20 Jahren kümmern sich die Mitarbeiter*innen um die Grünflächen und Wälder der umliegenden Gemeinden. Und seit 20 Jahren erhalten langzeitarbeitslose Menschen damit gleichzeitig die Chance auf ihren Wiedereinstieg.

Rund 1.500 Personen haben seit der Gründung 1997 bei der Landschaftspflege gearbeitet, seit 1999 sind auch Frauen darunter. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Etwa jeder Dritte fand nach der (auf maximal sechs Monate) befristeten Anstellung wieder einen Job am ersten Arbeitsmarkt. Derzeit sind bei der Landschaftspflege 21 Menschen temporär beschäftigt. Zwei von drei Personen verfügen nur über einen Pflichtschulabschluss, rund die Hälfte ist über 45 Jahre alt. Dazu kommen knapp 40 Personen in Arbeitstrainings und stundenweiser Beschäftigung. Unterstützt werden sie alle von einem Team an Sozialarbeiter*innen und Arbeitsanleiter*innen.

Einen „Doppler“ zu Weihnachten

Die Männer und Frauen sind dabei längst nicht nur am Rasen Mähen: In der Glaswerkstatt fertigen sie Schmuck und Geschenksartikel, darunter auch originelle Servierplatten aus alten Weinflaschen: „Wir verarbeiten grad alle Doppler, die es im Weinviertel gibt“, scherzt Reiss-Eichinger. In der Holzwerkstatt entstehen Insektenhotels, Fledermausbehausungen oder auch hölzerne Weihnachtskarten und sogar ganze Weihnachtsmarkthütten. Neben den Wiesen- und Forstarbeiten sowie dem Winterdienst im Auftrag der Gemeinden kümmert sich das Landschaftspflege-Team auf Wunsch auch um Privatgärten.

Besonders stolz ist der Betrieb darauf, dass er auch für die (hölzerne) Einrichtung der Verkaufsshops im Wiener Stephansdom verantwortlich zeichnet: „Vernetzung auf allen Ebenen ist der Schlüssel zum Erfolg“, meint Reiss-Eichinger. Firmenintern ist ihm ein gutes Betriebsklima wichtig: „Gute Arbeit wird erst möglich, wenn man miteinander gut umgeht“, ist er überzeugt. Zudem legt er Wert darauf, dass alle Mitarbeiter*innen mindestens einmal pro Woche eine Schulung haben.

Wunsch ans Christkind

Reiss-Eichinger selbst ist diplomierter Sozialarbeiter und seit 20 Jahren bei der Landschaftspflege. Beim gut besuchten Jubiläumsfest wird deutlich: Seine Arbeit ist für ihn Job und Lebensaufgabe zugleich: “Es gibt viele Menschen, die wollen arbeiten, aber sie schaffen es nicht, eine Arbeit zu bekommen. Und das ist ein Zustand, den wir nie hinnehmen werden, den wir immer ändern wollen werden“, sagt er vor den versammelten Gästen. Und verrät am Schluss auch seinen persönlichen „Wunsch ans Christkind“: Zugang zur Arbeit für alle.