Mit Anfang Juni 2021 startet ein breites Bündnis an NGOs, Gewerkschaften und Privatpersonen ein Volksbegehren unter dem Titel „Arbeitslosengeld rauf!“, dessen zentrale Forderung eine Erhöhung des Arbeitslosengelds auf eine Nettoersatzrate von mind. 70 Prozent des zuletzt bezogenen Gehalts ist. Diese Ersatzrate soll auch bei länger andauernder Arbeitslosigkeit nicht sinken und die Notstandshilfe entsprechend angepasst werden (Stichwort: „Degression“). Die Zumutbarkeitsbestimmungen – also die Bedingungen, unter denen Arbeitssuchende einen neuen Job annehmen müssen – sollen zudem entschärft werden.
arbeit plus begrüßt die Diskussionen für ein höheres Arbeitslosengeld, da die Nettoersatzrate in Österreich mit 55 Prozent im internationalen Vergleich sehr niedrig ist. Wir unterstützen daher die Forderung nach einer generellen Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70 Prozent des Letztbezugs. Außerdem sprechen wir uns in jeglichem Modell des Arbeitslosengeldes gegen eine allfällige Senkung der Nettoersatzrate unter dem aktuellen Wert von 55 Prozent aus.
Wir machen aber auch darauf aufmerksam, dass Reformen beim Arbeitslosengeld, keinesfalls zu einer Abschaffung oder Kürzung der Notstandshilfe führen dürfen. Bereits jetzt sind langzeitbeschäftigungslose Menschen trotz Notstandshilfe und/oder Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe häufig von Armut betroffen/gefährdet. Gerade Menschen in lang dauernder Arbeitslosigkeit brauchen eine ausreichende und zuverlässige Absicherung, denn durch ein erzwungenes Leben in Armut werden keine neuen (existenzsichernden) Jobs geschaffen, sondern Menschen in einen Niedriglohnsektor gedrängt. Die Notstandshilfe ist das letzte Netz der sozialen Sicherung, das nicht noch löchriger werden dar. Die Streichung der Notstandshilfe wäre die Einführung von Hartz IV auf Österreichisch.
Wir schließen uns daher dem Appell der Initiator*innen des Volksbegehrens an die Regierung an, Konzepte zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit – insbesondere Langzeitbeschäftigungslosigkeit – zu entwickeln. Neben ausreichenden Angeboten und Budgets für Qualifizierung, Beratung, Begleitung und Beschäftigung von arbeitssuchenden Menschen in den Sozialen Unternehmen, sind die sozialen Sicherungssysteme von Arbeitslosengeld, Notstandhilfe und Sozialhilfe existenzsichernd zu gestalten.