Sozialwirtschaftliche Altkleidersammler sorgen für Dreifachnutzen

Rund 30.000 Tonnen an Alttextilien werden jedes Jahr in Österreich gesammelt – ein wertvolles Gut, und das gleich in mehrfacher Hinsicht, wie Matthias Neitsch vom Re-Use und Reparaturnetzwerk Österreich (RepaNet) feststellt. Während rund zwei Drittel des Gesamtvolumens in erster Linie dem Profitstreben kommerzieller Unternehmen dienen, erzielt ein knappes Drittel neben einem ökologischen auch einen sozialen Mehrwert.

Aus eins mach drei

„Nur rund 30 Prozent der Alttextilien werden derzeit Schätzungen zufolge von gemeinnützigen, arbeitsmarktintegrativen Sozialen Unternehmen gesammelt“, sagt Neitsch. „Dabei realisieren diese den höchsten volkswirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzen, der mit Alttextilsammlung in Österreich zu erreichen ist“, ist der RepaNet-Geschäftsführer überzeugt. Denn: Sie fördern die regionale Wirtschaft, arbeitsuchende Personen sowie Menschen mit geringem Einkommen und schonen gleichzeitig die Umwelt. Das hat gleich mehrere Gründe: Durch den Verkauf von rund 15 Prozent der gesammelten Ware in den eigenen Secondhand-Shops erzielen gemeinnützige Soziale Unternehmen im Vergleich zu anderen Sammelunternehmen den vier- bis fünffachen Verkaufserlös. Ein paar Prozent werden als Kleiderspenden an bedürftige Menschen gratis abgegeben. Der Rest wird am Weltmarkt verkauft. Da kein Gewinn abgeschöpft wird, kommt der Reinerlös direkt der Unterstützung benachteiligter Menschen zugute.

Konkret schaffen gemeinnützige Alttextilsammler mit vier Containern jeweils einen Vollzeitarbeitsplatz in der Region. Drei Viertel dieser Jobs gehen an langzeitarbeitslose, behinderte, oder auch anderweitig benachteiligte Menschen. Menschen mit geringem Einkommen und SchnäppchenjägerInnen wiederum profitieren von den günstigen Preisen in den Secondhand-Läden. Zudem hat der Wiederverwendungs- oder „Re-Use“-Gedanke auch einen ökologischen Aspekt: „Wer Altes wiederwendet, statt Neues zu kaufen, spart Energie und Ressourcen und schont damit die Umwelt“, unterstreicht Neitsch.

Appell an die Gemeinden

Wegen dem wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Mehrwert appelliert der RepaNet-Geschäftsführer an die Gemeinden, verstärkt Soziale Unternehmen mit der Sammlung von Alttextilien zu beauftragen: „Es ist so einfach, soziale Verantwortung zu zeigen.“ Darüberhinaus komme das auch dem Willen der Kleiderspenderinnen und Kleiderspender zugute, betont Neitsch: „Eine Umfrage des Bundesverbandes für Sekundärrohstoffe und Entsorgung hat ergeben, dass die Bürgerinnen und Bürger im Unterschied zu klassischen Altstoffsammlungen gebrauchte Textilien und Schuhe weniger aus ökologischen Motiven heraus sammeln. Sie spenden diese Dinge in erster Linie, um damit sozialen Nutzen zu stiften.“

Insgesamt zählt RepaNet österreichweit vierzehn gemeinnützige, arbeitsmarktintegrative Textilsammler zu seinen Mitgliedern. Neun davon sammeln auch mittels öffentlicher Sammelcontainer, fünf nehmen ausschließlich Kleiderspenden an ihren eigenen Standorten entgegen.

Rat für Forschung und Technologieentwicklung empfiehlt Österreich, Social Business zu stärken

„Es freut mich sehr, dass der Rat für Forschung und Technologieentwicklung die Bedeutung und das Potenzial des österreichischen Sozialunternehmertums erkennt und den politisch Verantwortlichen Maßnahmen zu seiner Weiterentwicklung vorschlägt“: Mit diesen Worten kommentiert bdv austria-Geschäftsführerin Judith Pühringer die Empfehlung des unabhängigen ExpertInnengremiums an die österreichische Bundesregierung, den heimischen Social Business Sektor zu stärken. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen bergen die Chance auf einen großen Entwicklungsschub für die Sozialen Unternehmen in Österreich. Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung die Empfehlungen ihres renommierten Beratungsgremiums umsetzt“, betont die Arbeitsmarktexpertin.

„Großes Entfaltungspotential“

Das Social Business in Österreich sei ein sehr junger Sektor, der die österreichische Zivilgesellschaft bei der Lösung einer Bandbreite von dringenden Problemen massiv erweitern und unterstützen könne, betont der Rat in seiner „Ratsempfehlung“. Es bestehe ein großes Entfaltungspotential, aber bereits jetzt leiste der Sektor relevante Beiträge zu Wertschöpfung und Beschäftigung, heißt es dort weiter.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Rat für Forschungs- und Technologieentwicklung unter anderem, dass Österreich für Social Business eine eigene Rechtsform etablieren solle, um Rechtssicherheit für UnternehmerInnen, InvestorInnen, AuftraggeberInnen und KundInnen zu schaffen. Das Gemeinnützigkeitsrecht solle so angepasst werden, dass Stiftungen künftig direkt in Social Business investieren können.

„Förderungen bereitstellen“

Des Weiteren empfiehlt der Rat, öffentliche Förderungen für diesen Sektor bereitzustellen und Maßnahmen zur Unterstützung von innovativen Social Business-Startups einzurichten. Konkret sollen in einer ersten Phase in den Jahren 2016 und 2017 je 15 Social Business-Gründungen mit je bis zu 150.000 Euro gefördert werden. Diese Förderung soll im Rahmen von sogenannten „Inkubationsprogrammen“ umgesetzt werden. Dabei handelt es sich um maßgeschneiderte Programme, die ausgewählte Sozialunternehmen durch Workshops, Coaching, Weiterbildung und den Zugang zu den benötigten Ressourcen von der Konzept- bis zur Wachstumsphase unterstützen. Außerdem solle die Wirkungsmessung von Social Businesses verbessert werden, empfiehlt der Rat in seinem Papier.

Die gesamte Ratsempfehlung finden Sie hier

Call Social Entrepreneurship: Förderung für kreatives Schaffen

2015 setzt die Wirtschaftsagentur Wien einen Schwerpunkt zum Thema Social Entrepreneurship. Mit dem Call Social Entrepreneurship im Programm creative_focus werden gezielt Projekte an der Schnittstelle zwischen kreativem Schaffen und Sozialem Unternehmertum gefördert. Der Fokus liegt auf der nachhaltigen Lösung von sozialen Herausforderungen durch die Impulsgeberinnen und Impulsgeber der Kreativwirtschaft.

Deadline 15.September

Einreichen können Wiener Unternehmen bzw. Unternehmen in Gründung aus den Bereichen der Kreativwirtschaft: Architekten, Design, Kunstmarkt, Mode, Multimedia, Verlagswesen, Musikwirtschaft, Filmwirtschaft. Die Anträge müssen bis zum 15. September 2015 online unter cockpit.wirtschaftsagentur.at eingereicht werden.  Gefördert werden projektspezifische Kosten wie interne Personalkosten, zugekuafte Leistungen und Materialkosten.

Die Projektkosten werden zu 60 Prozent gefördert, und zwar bis maximal 200.000 Euro. Zusätzlich erhalten Unternehmen in Gründung einen Bonus von 5.000 Euro. Wird die Umsetzung des Projekts überwiegend von Frauen geleistet, erhält das Unternehmen einen Bonus von 5.000 Euro.

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