Steigende Jugendarbeitslosigkeit darf sich nicht verfestigen

Sozialwirtschaft Österreich, dabei-austria und arbeit plus fordern Fokus auf junge Menschen um eine „Generation Corona“ ohne Zukunftsperspektiven zu vermeiden.

Im November 2020 waren in Österreich 64.821 Jugendliche und junge Erwachsene beim AMS als arbeitsuchend gemeldet oder als Schulungsteilnehmer*innen vermerkt. Während die Zahl der Schulungsteilnehmerinnen im Vergleich zum Vorjahr mit ca. 27.000 Personen konstant geblieben ist, gab es fast 8.000 Personen – also über 26% – mehr Arbeitslose unter 25 Jahren. (> Statistik: Arbeitslosigkeit & Langzeitbeschäftigungslosigkeit im November 2020)

Jugendarbeitslosigkeit mindert die späteren Erwerbschancen und Lebenseinkommen deutlichen und kann somit viele soziale Folgeprobleme verursachen. Die Dachverbände Sozialwirtschaft Österreich, dabei-austria und das Netzwerk arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich vertreten zahlreiche Organisationen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, u.a. die Arbeitsmarktchancen junger Menschen durch Beratung, Qualifizierung und Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und sie beim Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt und der anhaltend schwierigen Pandemie-Lage weisen sie auf den akuten Handlungsbedarf hin, da sich gerade der Berufseinstieg für benachteiligte junge Menschen zusätzlich erschwert hat.

Die Corona-Krise hat sowohl neue Herausforderungen mit sich gebracht, als auch bestehende Probleme verstärkt, etwa beim Matching zwischen Lehrstellensuchenden und Unternehmen oder beim Übergang zu Anschlussperspektiven nach der schulischen Ausbildung. Es ist zwingend erforderlich, dass Jugendliche die Möglichkeit einer Berufsausbildung haben. Nur so kann das Risiko auf eine prekäre Situation im Erwachsenenberufsleben reduziert werden“, betont Walerich Berger, Sozialwirtschaft Österreich, die Notwendigkeit eines niederschwelligen Zuganges zu Maßnahmen wie AusbildungsFit, dem Jugendcoaching, Überbetrieblichen Lehrausbildungen u.a. – besonders in Zeiten von Covid-19. 

Die Dachverbände fordern daher eine Schwerpunktsetzung auf die Problematik der Jugendarbeitslosigkeit seitens der Regierung, um einer Verfestigung entgegenzuwirken und eine „Generation Corona“ ohne ausreichende Zukunftsperspektiven zu vermeiden: Unser Appell an die Regierung: Ausgrenzungsgefährdete Jugendliche und junge Menschen, die es von Haus aus schon sehr schwer haben, brauchen Ihre Unterstützung jetzt mehr denn je, so Christina Schneyder, dabei-austria. 

Neben der notwendigen Fortführung der vielen erfolgreich erprobten Instrumente zur Unterstützung von jungen Menschen, gilt es vorausschauend auch den Ausbau von Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen in Zukunftsbranchen voranzutreiben: IT & Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft bzw. Green Jobs sowie Gesundheits- und Sozialberufe. Schifteh Hashemi, Geschäftsführerin von arbeit plus Österreich, verweist auf den vielfältigen Maßnahmenmix: Wir brauchen mehr vom Guten und einen gezielten Blick auf den Arbeitsmarkt von morgen, um jungen Menschen nach der Krise wieder neue Perspektiven bieten zu können. Für diese Aufgabe stehen die Mitglieder der drei Dachverbände und Netzwerke der Regierung und der Verwaltung auch weiterhin tatkräftig zur Seite. 

> Presseunterlage

Foto © B. Gradwohl / sprungbrett

Vor den Vorhang: Angelina und Maria kochen in Graz auf

Es ist 11 Uhr und in der Küche der YOUTH COMPANY in der Grazer Kärntner Straße 25 geht es rund. Viele eingespielte Hände helfen zusammen, damit der Flammkuchen mit Blattspinat und Pecorino möglichst schnell verpackt wird. Die Schachteln aus recycelten Karton stehen bereit, Angelina Charlotte Adlboller verschließt gerade die letzte Partie.

"Mir taugt es hier", sagt Angelina Adlboller (21).

„Mir taugt es hier“, sagt Angelina Adlboller (21).

Die 21-Jährige ist seit Mitte August bei der YOUTH COMPANY, einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt, das von Jugend am Werk Steiermark in Kooperation mit alea + partner im Auftrag des AMS Steiermark umgesetzt wird. Ziel  ist es, als arbeitslos vorgemerkte Jugendliche  und Menschen über 50 (wieder) am Arbeitsmarkt zu integrieren. Angelina hat einst eine Lehre als Einzelhandelskauffrau begonnen,  aber aufgrund einer Schwangerschaft und der Geburt ihres Sohnes keine Lehrabschlussprüfung. Über die YOUTH COMPANY holt sie sich nun neue Motivation: „Mir taugt es hier“, sagt die Grazerin. „Hier wir alles bio und immer ganz frisch gekocht. Wir holen draußen im Garten die selbst angebauten Kräuter und verarbeiten sie ein paar Minuten später in der Küche, das ist schon cool.“

„Schmeckt wie selbst gemacht“

Die fertigen Menüs werden von Montag bis Freitag innerhalb von Graz an Private und an Firmen ausgeliefert.  Ute Muster von Trenkwalder Personaldienste  ist eine jener KundInnen, die sich über das direkt ins Büro zugestellte gesunde Menü freut: „Ich bin mit dem Essen sehr zufrieden. Es schmeckt wie selbst gemacht, wird immer pünktlich geliefert. Ich kann es nur weiterempfehlen.“

Feedbacks dieser Art freuen das Team der YOUTH COMPANY natürlich und geben zusätzliche Kraft. Pro Monat steigen durchschnittlich 12 Jugendliche als Transitarbeitskräfte in die AMS-Maßnahme ein. Die Verweildauer beträgt maximal drei Monate, angestrebt wird eine Vermittlung vor Ablauf des Dienstverhältnisses. Neben dem Arbeitsbereich Küche/Gastronomie bietet die YOUTH COMPANY auch die Arbeitsfelder Landschaftsgestaltung/Gartenbau und Office/Büro an.

Starthilfe für einen neuen Job

Maria Greimel würde gerne fix in einer Schulkantine arbeiten.

Maria Greimel (54) ist ebenfalls Teil der YOUTH COMPANY. Sie kann bereits auf mehr als drei Jahrzehnte Berufserfahrung zurückblicken, unter anderem hat sie viele Jahre in einer Fleischhauerei Menüs gekocht. Der Betrieb sperrte zu. Nun möchte sie wieder eine fixe Stelle finden. „Besonders gerne würde ich in einer Schulkantine oder einem Schulbuffet arbeiten“, sagt sie.  Im Rahmen der YOUTH COMPANY erhält Maria Greimel auch Qualifizierungen wie z.B.  EDV-Training und intensives Bewerbungstraining. Bei Aussicht auf eine Arbeitsstelle werden Praktika zum Kennenlernen im zukünftigen Betrieb vermittelt und absolviert.Bereits mehr als 100 junge Menschen bzw. arbeitslose Menschen über 50 haben durch die YOUTH COMPANY wieder neue Perspektiven gefunden.

Mehr Informationen finden Sie hier

„Reite das wilde Tier in dir!“: Businesstalk zum Thema Rausch&Risiko

Lehrlingsverantwortliche und Arbeitsanleitende in Sozialen Unternehmen sind in ihrem Arbeitsalltag immer wieder mit dem Thema Alkohol und Drogen konfrontiert – ein Grund für die Dornbirner Jugendwerkstätten, in Kooperation mit der Raiffeisenbank „Im Rheintal“ dem Thema „Rausch und Risiko“ einen Businesstalk der besonderen Art zu widmen. Mehr als 70 Lehrlingsverantwortliche, LehrerInnen, JugendarbeiterInnen und ArbeitsanleiterInnen in Sozialen Unternehmen folgten der Einladung. Es galt, mehr darüber zu erfahren, wie das „wilde Tier in dir“ zu reiten ist und wie Jugendliche aktiv dabei unterstützt werden können, eine Rausch- und Risikobalance zu entwickeln.

„Risikopädagoge“ Gerald Koller betonte im Rahmen der Veranstaltung: „Wir wissen dass wir im Rausch und Risiko wenige Möglichkeiten zur Steuerung haben. Aber davor und danach, denn in der Vor- und Nachbereitung kann Balance entstehen.“ Davor, in dem die Frage beantwortet werde, auf wie viel Rausch und Risiko ich mich einlassen will und in der Nachbereitung dadurch, dass ich reflektiere und das Wissen, das ich dadurch erlange, zur Erfahrung für mein alltägliches Leben mitnehme.

Der Grundtenor der Veranstaltung: Das Außeralltägliche zu suchen, ist Teil unseres Alltags geworden. So sollten wir uns auch von einer – lange Zeit unhinterfragten, aber populären – Grundannahme verabschieden: Menschen suchen nicht nur deshalb Risiken oder greifen zu Drogen, weil sie damit psychischen und sozialen Problemen kurzzeitig entfliehen wollen oder Selbstheilung anstreben, sondern (auch) weil die Rauscherfahrung Genuss, Entspannung, community und fun verspricht! Wer da der Spaß-Kultur der Jugendlichen bloß die Ernstkultur der Erwachsenen gegenüberstellen kann, wird das notwendige offene Gespräch nicht führen können.

Klare Definition von Rausch und Risiko

Zu diesem Prozess gehöre auch eine klare Definition von Gefahr und Risiko, unterstrich Koller. Während die Gefahr die Bedrohung der Existenz darstellt, sei das Risiko eine Handlung mit unklarem Ausgang. „Bei der Begleitung der Jugendlichen gehe es daher nicht darum, die Rausch und Risikoerfahrungen zu minimieren, sondern die Verhaltens- und Rahmenbedingungen zu optimieren“ so Koller weiters. Mit anderen Worten: „Wer springen will, muss zuerst landen können!“

Vor den Vorhang: Neues Gastroprojekt in der aqua mühle frastanz

Trotz der hohen Zahl an Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der Gastronomie und im Tourismus ist für viele Jugendliche in Vorarlberg dieser Wirtschaftszweig nicht attraktiv. Neben tatsächlichen persönlichen, negativen Erfahrungen sind häufig tradierte Bilder, Meinungen anderer und Vorurteile die Gründe dafür. Das neue Qualifizierungsprojekt „Jugend und Gastronomie“ der aqua mühle frastanz setzt genau hier an. Ziel ist dabei, den Jugendlichen den Wirtschafts- und Erwerbszweig Gastronomie schmackhaft machen.

Eintauchen in die berufliche Realität

Mit fachlicher Kompetenz und viel Erfahrung in Gastronomie, Pädagogik und Sozialarbeit begleitet aqua mühle frastanz, unterstützt vom Land Vorarlberg, ab Jänner 2015 rund 40 Jugendliche und junge Erwachsene auf ihrem Weg in die Tourismusbranche. Mit der Heranführung an die „Arbeitsplatz-Realität“ sollen die Jugendlichen ermächtigt werden, sich im Anschluss selbstständig und eigenverantwortlich für eine Erwerbstätigkeit bzw. Ausbildung in diesem bedeutenden Wirtschaftszweig zu entscheiden.

Im November 2014 werden aqua mühle frastanz und die Kaplan Bonetti gGmbH in Dornbirn eine weitere Kooperation eingehen, indem sie gemeinsam eine Produktionsküche im neu errichteten Wohnheim in der Gilmstraße in Dornbirn betreiben. aqua mühle frastanz kann dadurch die eigene Systemgastronomie intensivieren, die Schulverpflegung ausbauen und gleichzeitig die für das neue Projekt benötigten zusätzlichen Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen. Qualifizierung und Arbeitstraining in Produktionsküchen, Kantinen und im aqua-Catering bieten realitätsnahe Arbeitsorte und -abläufe. Sie ermöglichen ein praxisnahes Hinführen an Arbeitsplätze in der Gastronomie und im Tourismus. Durch die sozialarbeiterische und pädagogische Betreuung können Frustration und „Durchhänger“ aufgefangen und Lösungen professionell gesucht und begleitet werden.

aqua mühle frastanz qualifiziert und trainiert seit Jahren Jugendliche und junge Erwachsene erfolgreich und bereitet sie auf einen (Wieder-)Einstieg in das Berufsleben vor. Im Rahmen der Lehrwerkstatt begleitete aqua mühle frastanz im Jahr 2013 insgesamt 31 Lehrlinge in 12 Lehrberufen. Diese Lehrstellen stehen auch Jugendlichen mit Benachteiligung – vor allem mit Autismus-Spektrum-Störung – zur Verfügung. 2013 erreichte Sarah Berchtel, als Lehrling im zweiten Lehrjahr den zweiten Platz in der Landesmeisterschaft als Restaurantfachfrau. Heuer hat sie die Lehrabschlussprüfung mit Auszeichnung abgeschlossen.

Insgesamt bietet aqua mühle frastanz als innovatives Soziales Unternehmen eine große Palette an Dienstleistungen aus dem sozialen Sektor an, die beständig an neue Erfordernisse der Gesellschaft angepasst wird.

Vor den Vorhang: Unterstützung für Menschen zwischen 15 und 25

Die Zahl der arbeitslosen Menschen steigt, auch immer mehr Jugendliche sind davon betroffen. Keine Lehrstelle, keine Arbeit, keine Zukunftsperspektive: Die 16jährige Sabrina aus der Steiermark war eine dieser jungen Menschen, die (noch) nicht am Arbeitsmarkt integriert waren. Als sie in der Probezeit ihre Lehrstelle bei einem steirischen Unternehmen verlor, traf sie das hart. Plötzlich hatte sie keine Aufgabe mehr, verschanzte sich zu Hause und wollte niemanden mehr sehen und hören.

Jetzt ist alles anders: Sabrina kam im Herbst 2013 in die Jugend am Werk Steiermark- Produktionsschule Leoben. Dort legte sie sich voll ins Zeug und arbeitete hart an sich. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Schon bald ging Sabrina äußerst konzentriert und sehr engagiert an alle Herausforderungen heran.

„Seit ich in der Produktionsschule Leoben bin habe ich viel mehr Spaß am Leben – ich gehe jetzt viel mehr hinaus und bleibe nicht nur zu Hause sitzen. Am liebsten verbringe ich meine Zeit mit der Feuerwehr, von der wir auch gerade einen Arbeitsauftrag bekommen haben. Wir fertigen Pokale für die Feuerwehrjugend an“, erzählt die junge Frau. Die JaW-Produktionsschule Leoben gefällt Sabrina, „weil hier das Arbeitsklima angenehm ist – alle Leute sind total nett und wir können auch immer wieder neue Arbeiten machen, da wir immer andere Aufträge bekommen. Alle Arbeiten machen mir Spaß, und die Zeit vergeht jeden Tag total schnell.“

Neustart als Lehrling

Sabrina Herold PS Leoben II 2014

Sabrina (Foto) hat es geschafft: Im September kann sie eine Lehre bei KIKA als Einzelhandelskauffrau beginnen. „Ich bin froh, dass meine TrainerInnen mich bei dem langen Bewerbungsverfahren immer wieder unterstützt haben.“

Jugend am Werk Steiermark hat mittlerweile drei Produktionsschulen. In diesen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen werden Jugendliche und junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren in Theorie und Praxis an das Arbeitsleben herangeführt. In den Produktionsschulen Leoben und Deutschlandsberg wird in den Bereichen Holz, Metall und Gastronomie gearbeitet, in der Produktionsschule Graz in den Arbeitsfeldern Garten/Gartengestaltung, Dekoration und Raumausstattung.

Jugend am Werk Steiermark wurde 1948 mit dem Ziel gegründet, die hohe Jugend-Arbeitslosigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu reduzieren. In den 1960er Jahren kam die Arbeit mit Menschen mit Behinderung dazu, in den 1980er Jahren der Aufgabenbereich Kinder- und Jugendhilfe. Aktuell wird in allen drei Bereichen erfolgreich gearbeitet. Mehr auf www.jaw.or.at