Digital Skills Gap: Technische Fähigkeiten & Softskills in Sozialen Unternehmen

Im Rahmen des B-Wise Projects wurden #Qualifikationsbedarf und #Qualifikationslücken von Sozialen Unternehmen in 13 Projektpartnerländern untersucht. In einer empirischen Analyse wurden Umfragen durchgeführt, um herauszufinden, welche Qualifikationen für die Erfüllung der Aufgaben und das Schließen von Qualifikationslücken in Sozialen Unternehmen erforderlich sind.

Großes Ziel der Befragung war es, Anforderungen an zukünftige Ausbildungen in den drei wichtigsten Berufsprofilen / Rollen zu ermitteln: „Enabler“ – damit sind Manager*innen und It-Fachkräfte gemeint, „Supporter„- z. B. Jobcoaches, Tutor*innen und Mentor*innen und „Worker“ – in unserem Fall Arbeitnehmer*innen mit Unterstützungsbedarf.

Es wurden persönliche Interviews mit 403 Personen (89 Enabler, 145 Supporter und 169 Worker) aus einer Stichprobe von rund 100 Sozialen Unternehmen in 13 Ländern in der EU durchgeführt. Die unterschiedlichen Qualifikationen wurden dahingehend analysiert, ob sie für die oben genannten Kategorien als wichtig angesehen werden oder nicht. Darüber hinaus wurden die Gründe für Qualifikationsdefizite, ihre Auswirkungen auf die Sozialen Unternehmen und mögliche Strategien zur Bewältigung aufgezeigt.

In Sozialen Unternehmen sind technische Fertigkeiten und Soft Skills gefragt. Zum Beispiel hier im Versand des Sozialen Unternehmens Fix und Fertig in Wien.

Vier wichtige Ergebnisse der Analyse des Qualifikationsbedarfs und der Qualifikationsdefizite:

  • Soziale Unternehmen stehen im Vergleich zu konventionellen Unternehmen vor besonderen Herausforderungen.

Teilnehmer aller drei befragten Gruppen waren mit ihren Qualifizierungen zufrieden, wobei die Enabler und Supporter besonders gut über Qualifikationen Bescheid wussten, die für die Arbeit in Sozialen Unternehmen erforderlich sind. Die Datenanalyse ergab keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Ländern, bestätigte aber, dass Raum für Verbesserungen besteht. Sollte das aktuelle Window of Opportunity versäumt werden, bestehende Qualifikationslücken zu schließen, setzen Soziale Unternehmen es aufs Spiel, Menschen mit Unterstützungsbedarf nicht bestmöglich zu fördern und zusätzlich durch die erhöhte Arbeitsbelastung Mitarbeiter*innen zu verlieren. Mit anderen Worten: Qualifikationsdefizite könnten den Prozess der Arbeitsintegration behindern.

  • Unterschiedliche Gruppen fokussieren auf unterschiedliche Fähigkeiten:

Die Enalber – „Manager“ – stuften Managementfähigkeiten als sehr wichtig ein: von der Konzeption von Strategien für die Entwicklung von Geschäftsmodellen für Sozialen Unternehmen über die Entscheidungsfindung bis hin zur Führung von Mitarbeiter*innen, um Tätigkeiten zu koordinieren und sie zu motivieren. Auch die Fähigkeit, mit Kund*innen zu verhandeln, wurde als sehr wichtig angesehen.

Die Supporter – die „Schlüsselarbeitskräfte“ – wiesen häufig auf die Vielschichtigkeit ihrer Arbeit hin. Sie sind mit einer Vielzahl von Aufgaben betraut, einschließlich der Planung von Arbeitszeit und Arbeitsraum, der Unterstützung der Worker – der Menschen mit Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz – bei der Durchführung ihrer Aufgaben und der Verwaltung und Berichterstattung an ihre Vorgesetzten und Koordinatoren.

Für alle ist für die Arbeit in Sozialen Unternehmen ist eine Mischung aus Hard- und Soft-Skills notwendig, wobei das Gleichgewicht je nach Rolle im Unternehmen variiert.

In den Interviews wurde immer wieder hervorgehoben, dass Beratungs- und Mentoring-Aktivitäten auch darauf abzielen, die Worker auch in ihrem persönlichen Wachstum am Arbeitsplatz zu fördern: Eine positive Atmosphäre und persönliche Elemente wirken sich positiv auf die Arbeit aus, ebenso wie „kollaborative, kommunikative und operative Fähigkeiten“, die für die Worker unerlässlich sind, um ihre täglichen Arbeiten genau, präzise und autonom durchzuführen.

  • Das Alter der Organisation spielt bei den Fähigkeiten der Unterstütz*innen eine Rolle:

Sozialfirmen in der Gründungsphase und in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit müssen sich Fähigkeiten aneignen, um Personal zu rekrutieren und effektive Arbeitsteams zu entwickeln, während in strukturierteren Sozialfirmen die Entwicklung von Organisations- und Entscheidungsstrategien im Vordergrund steht.

  • Überraschenderweise hielten alle drei befragten Gruppen technisches Fachwissen im Zusammenhang mit Medien und Technologie für nicht relevant.

Diese Erkenntnis lässt sich wohl auf die Schlüsselrolle zurückführen, die Soft Skills und andere technische Kenntnisse spielen, um die Worker bei der Ausführung ihrer Aufgaben in Sozialen Unternehmen zu unterstützen. Vor dem Hintergrund der Beseitigung von Qualifikationsdefiziten halten die Befragten Schulungsmaßnahmen dennoch für besonders wichtig. Die meisten Sozialen Unternehmen sorgen intern für die Fortbildung oder unterstützen die Teilnahme der Mitarbeiter*innen an externen Schulungen.

Dabei ist es den Befragten zufolge besonders schwierig, die richtigen Schulungsmaßnahmen zu finden, um die Fähigkeiten der Schlüsselarbeitskräfte und der Menschen mit Unterstützungsbedarf zu verbessern. Denn Schulungsmaßnahmen können auch belastend sein, insbesondere für benachteiligte Menschen, wenn sie nicht gut auf ihre spezifischen Qualifikationsdefizite zugeschnitten sind.

Daher ist es wichtig, Zeit und Energie in die Anpassung der Aus- und Fortbildung an die spezifischen Bedürfnisse der Empfänger*innen zu investieren. Eine individuelle und gezielte Ausbildung, welche auf der Grundlage der tatsächlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Arbeitnehmer*innen konzipiert und geplant wird, ist daher von entscheidender Bedeutung.

Die Ergebnisse der Umfrage unterstreichen letztendlich die Bedeutung weiterer Untersuchungen über Inhalt und Modalitäten möglicher Ausbildungen, die zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des B-WISE-Projekts umgesetzt werden sollen.

Digitale Kluft schließen: Trends und Herausforderungen in Sozialen Unternehmen

Der digitale Wandel erfordert von allen Beteiligten ständiges Dazulernen und Anpassen. Digitale Kompetenzen sind der Schlüssel, um sich selbstbestimmt die Möglichkeiten digitaler Anwendungen und Geräte zu erschließen und gleichzeitig deren Risiken einzuordnen. Doch nach wie vor werden nicht alle Menschen durch digitale Angebote gleichermaßen erreicht.

Der sogenannte digital skills gap oder die digitale Kluft – der Unterschied in der Nutzung digitaler Angebote nach sozioökonomischen Faktoren – hat sich vergrößert. Das wird bei den Menschen, die in den Sozialen Unternehmen von arbeit plus als Transitarbeitskräfte angestellt sind, sichtbar.

Aus diesem Grund freuen sich arbeit plus und die JKU– die Johannes Kepler Universität – als österreichische Projektpartner des EU-Projektes B-WISE, Ihnen die Veröffentlichung des Berichts „Report on trends and challenges for Work Integration Social Enterprises (WISEs) in Europe – Current situation of skills gaps, especially in the digital area“ bekannt zu geben.

Bedarfserhebung in 27 Ländern

„Der aktuelle Bericht liefert die Grundlage zu einer gemeinsamen, europaweiten Strategie, um die Sozialen Unternehmen zu unterstützen, den digitalen Gap zu schließen und die Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam und im Sinne der Menschen mit Unterstützungsbedarf anzugehen“, so Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus Österreich anlässlich der Veröffentlichung des Berichtes, der von EURICSE mit Unterstützung der Projektpartner erstellt wurde. „Digitale Grundkenntnisse sind heute fast Voraussetzung, um einen Job zu finden.“

Auf Basis von 27 Länderbögen, persönlichen Interviews und einer Online-Umfrage, die in den 13 B-WISE-Partnerländern durchgeführt wurden, analysiert der Bericht die wichtigsten Triebkräfte, Merkmale und Entwicklungstrends der Sozialen Unternehmen in den 27 EU-Mitgliedstaaten und untersucht Qualifikationslücken und -bedarf der Arbeitnehmer*innen in den Sozialen Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf digitale Kompetenzen.

Das erste Kapitel des Berichts analysiert die Grenzen des Arbeitsmarktes und die Schwächen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die zur beruflichen (Wieder-)Eingliederung von Arbeitnehmer*innen mit Unterstützungsbedarf durchgeführt werden. Die folgenden Kapitel befassen sich mit den Hauptmerkmalen von Sozialen Unternehmen, ihrem Mehrwert, ihren Antriebskräften und Entwicklungsmustern. Unterschiedliche Integrationsmodelle und die wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder der Sozialen Unternehmen werden analysiert, die rechtlichen Strukturen und Ressourcen der Sozialen Unternehmen in den 27 EU-Ländern verglichen und die technischen und sozialen Kompetenzen, sowie die damit verbundenen Qualifikationsbedarf der Arbeitnehmer*innen in den Sozialen Unternehmen untersucht.

Solide Grundlage für Trainings und Programme

„Ein Unternehmen verwendet zum Beispiel im Sales Bereich moderne Software zur Lagerverwaltung und schult die Transitmitarbeiter darauf ein; ein anderes Unternehmen ist technisch schlechter ausgestattet, stattdessen gelingt es dort, Begeisterung für digitale Inhalte zu wecken. Beide Unternehmen vermitteln unterschiedliche Qualitäten, beide stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen. Daher wurde der derzeitige Stand der Technologie und Digitalisierung ebenso erhoben wie die digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter*innen in Sozialen Unternehmen“, so Sabine Rehbichler zum Inhalt des Berichtes.

Der aktuelle Bericht liefert die Grundlage für die künftige Arbeit der Projektpartner. Als nächste Schritte folgen eine Analyse des Qualifikationsbedarfs für alle Arbeitnehmer*innen in den Sozialen Unternehmen, um in weiterer Folge spezielle Lehrpläne für die unterschiedlichen Zielgruppen, sowie eine Qualifikationsstrategie für die unterschiedlichen Bereiche entwickeln zu können.

Der Bericht ist online unter folgenden Link abrufbar: https://www.bwiseproject.eu/Portals/bewise/OpenContent/Files/1130/B-WISE_WP1_Research_Report.pdf

Zukunftsaussichten durch Digitalisierung

Im Rahmen des Projekts B-WISE hat ein Team von arbeit plus – Soziale Unternhmen Österreich drei Projekte besucht und Menschen in unterschiedlichen Positionen interviewt. Vor Ort bei den Verein Bicycle in Graz, Fix und Fertig in Wien und dem Verein WAMS in Tirol wurden Zukunftsaussichten und Entwicklungspfade im Zusammenhang mit Digitalisierung erfragt. Ausgehend von den Interviews und persönlichen Gesprächen haben wir Beobachtungen über Unternehmenskultur, Stärken und Schwächen sowie Digitalisierungsbedarf im jeweiligen Arbeitskontext erhoben.

Unsere erste Station war der Verein Bicycle in Graz. Bicycle wurde im März 1989 gegründet und ist aus einem Jugendzentrum heraus entstanden. Für Gerd Kronheim und seine Kollegen war klar, dass es ein Projekt braucht, das Beschäftigung für Jugendliche schaffen kann, mit einem Produkt, das Spaß macht – und so ist das Projekt Bicycle entstanden: Radwerkstätten, Rad-Shop und Radverleih als Beschäftigungsprojekt für Jugendliche in Graz.

Shop Bicycle in Graz, drei Verkäuferinnen

Die Standorte sind top ausgestattet, die Filialen mit einem Intranet System vernetzt und letztes Jahr wurde in eine Cloud-Telefonanlage investiert. Was die Shop Verwaltung angeht (Bankomatkassensystem, Rechnungs- und Bestellsystem, Bepreisungen, Codes mit Lagerverwaltung) werden Marktstandards und eine TOP-Verkaufssoftware verwendet.

„Hier müssen wir einfach am Markt bestehen. Die Schlüsselarbeitskräfte schulen die Transitarbeitskräfte ein – und die Jobaussichten sind nach der Zeit bei uns nachweislich gestiegen,“ so der Shopleiter zu seinem Zugang.

Es ist genau diese Mischung zwischen Business, Handwerk und Mensch, die die Sozialen Unternehmen so besonders macht. „Ich mag diese Mischung aus Technik – Fahrrad reparieren – und dem Sozialen – den Menschen eine Perspektive geben,“ sagt eine Schlüsselarbeitskraft über ihre Motivation.

Digitalisierungsschub durch Corona

Durch Corona wurden Projekte und Innovationen in den Unternehmen vorangetrieben, die sozialen Unternehmen mussten ihre Arbeitsstrukturen anpassen. Das führte auch zu Herausforderungen der Digitalisierung, die wiederholt thematisiert wurden.

Es fehlen oft die nötigen Standards für Projekte, die für die Entwicklung und Integration von digitalen Tools nötig sind. Außerdem wurden Digitalisierungsprojekte als Add-on zur täglichen Arbeit erlebt, und nicht als Ersatz oder Erleichterung.

Der Verein WAMS ist Träger von Sozialökonomischen Betrieben in Tirol, die in den Bereichen Sammlung, Reparatur, Recycling und Verkauf von Second Hand Waren befristete ransitarbeitsplätze für langzeiterwerbslose Menschen anbieten. Auch dort sieht man sich vor neuen Herausforderungen: „Noch vor wenigen Jahren haben wir uns auf analoge Coaching- und Beratungsangebote konzentriert, jetzt müssen wir die grundlegenden Tools für unsere Zielgruppe bereitstellen: Wie man sich online bewirbt, wie man das e-AMS nutzt und eine E-Mail-Adresse im Arbeitsumfeld bedient, wie man im Internet recherchiert usw,“ bereichtet eine der Trainer*innen.

Digitale Teilhabe

Digitalisierung und Digitale Skills sind für die Teilhabe an unserer modernen Gesellschaft unabdingbar. Daher sind Digitalisierungsprojekte für alle Sozialen Unternehmen wichtig. Aber auch die vulnerablen Personen müssen befähigt werden, digitale Tools zu nutzen, um in der digitalen Welt Partizipation und Inklusion zu leben.

„Die Digitalisierung zeigt eine gesellschaftliche Kluft. Viele Menschen in unserer Zielgruppe haben weder einen Computer noch ein Handy. Hier haben wir eine Verantwortung, zu sozialer Inklusion und Teilhabe beizutragen und Menschen zu befähigen, sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurecht zu finden,“ so Christine Regensburger, die Geschäftsführerin vom Verein Wams in Tirol.

Neben entsprechender Infrastruktur braucht es vor allem zielgruppenspezifische und niederschwellige Weiterbildungsformate im Bereich digitaler Basiskompetenzen. Die Sozialen Unternehmen bieten durch ihre praxisorientierte Verbindung von Arbeiten und Lernen dafür einen geeigneten Rahmen, bestehende Schulungsformate können und müssen dementsprechend ausgebaut werden.

Das Aufsetzen, Betreiben und Warten von e-Learning Plattformen (die Lern-Plattform Moodle ist dabei die verbreitetste) kostet viel Geld und Ressourcen und die Frage bleibt bestehen, wie man die Transitarbeitskräfte fürs digitale Lernen motivieren kann.

„In meinem alten Leben im Iran habe ich täglich am Computer gearbeitet. Das ist 10 Jahre her. Man ist so schnell weg vom Schuss, wenn man keinen Computer zu Hause hat,“ berichtet eine Transitarbeitskraft, die davon träumt, bald selbst Integrationskurse zu leiten.

Erfolgserlebnisse als Lösung

Viele der Transitarbeitskräfte haben diesen Vorteil, schon einmal digital fit gewesen zu sein, allerdings nicht. Es gibt einen großen Nachholbedarf, was Basisbildung und das technische Equipment angeht. Wer schlecht Deutsch spricht, keinen Computer und kein Internet zu Hause hat, wird schwer anschlussfähig bleiben – das betrifft viele Transitarbeitskräfte und ist echt ein Thema.

Aus diesen Gründen hat Fix und Fertig einen anderen Weg gewählt: Hier wird renoviert, gedruckt und kuvertiert. Das meiste in Handarbeit, die Maschinen funktionieren mechanisch, Computer sieht man nur in den Büros der Arbeitsanleiter*innen. „Ich habe schon viele verschiedene Berufe gehabt, aber mit Digitalisierung hatte ich wenig zu tun. Prinzipiell bin ich lieber auf der Baustelle als vorm Computer,“ meint eine Tagesarbeitskraft im Interview.

Fix und Fertig ist ein sozialökonomischer Betrieb mit dem Ziel, Menschen mit Suchterfahrung bei ihrem Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu begleiten, indem ihnen befristete Arbeitsplätze angeboten werden. Hier setzt man nicht so sehr auf die Digitalisierung, sondern eher auf den geregelten Arbeitsablauf, eine sinnvolle Tätigkeit – und die Erfolgserlebnisse, wenn ein Auftrag erfolgreich abgewickelt wurde.

„Ein gutes Arbeitsklima und ein guter Umgang miteinander sind bei uns im Betrieb selbstverständlich, aber nicht im Leben der Klientinnen,“ so Walter Wojcik, der den Betrieb seit 30 Jahren leitet. Aber nicht nur die Zufriedenheit der Arbeiter, sondern auch die der Kund*innen wird hochgeschrieben. „Was mir wichtig ist? – Wenn die Aufträge gut hinhauen, die Ware verpackt und abgeholt wird. Ein ehrliches Lob vom Kunden,“ so Christina Himoudi, Leiterin des Bereiches Textildruck.

Für die Klient*innen, die hier zu Beginn tageweise angestellt werden und dann neun Monate in einer Übergangsphase angestellt sind, ist die Arbeit ein erster Schritt in ein neues Leben:

„Arbeit ist für mich Beständigkeit und Verlässlichkeit, aber auch soziale Kontakte.“

B-WISE News: Good Practice und Betriebsbesuche

Mit dem Projekt B-WISE haben wir uns das Ziel gesetzt, den Qualifizierungsbedarf in Sozialen Unternehmen aufzuzeigen. Dazu wurden europaweit Good Practice Beispiele gesammelt – und wir freuen uns, dass es gleich zwei österreichische Projekte unter die 10 Besten Europas geschafft haben: die ABZ*Digi-Cafés und das Projekt Digi+ von arbeit plus – Soziale Unternehmen Niederösterreich.

Ausschnitt vom Folder zur "Digitalen Werkzeugkiste"
Folder zur Digitalen Werkzeugkiste, die aus dem Projekt Digi+ entstanden ist

In einer Fokusgruppe wurde mit Betrieben wie Pro Mente Oberösterreich, fix und fertig in Wien oder der Halleiner Arbeitsinitiative gemeinsam mit vielen anderen über Digitalisierungsbedarf in Sozialen Unternehmen mit Blick auf die Chancen wie Herausforderungen diskutiert.

Die Ergebnisse der Fokusgruppe waren: Digitalisierung und Digitale Skills sind für die Teilhabe an unserer modernen Gesellschaft unabdingbar; vulnerable Personen müssen befähigt werden, um auch in der digitalen Welt partizipieren zu können; oft fehlt es nicht nur an digitalen Grundfertigkeiten, sondern scheitert es einfach an der Hardware wie stabilen Internetverbindungen oder Laptops.

Als nächster Schritt ist für Juli ist geplant, drei Betriebe zu besuchen und ausgehend von der aktuellen Situation im Betrieb vor Ort Zukunftspfade zu erfragen. Ziel ist es zu verstehen, wie digitales Lernen in unterschiedliche Karriere-Biografien passt. Die Ergebnisse werden in einem Bericht zusammengefasst und im September veröffentlicht.

Restaurieren alter Buchseiten mit Pinsel und Handschuh
In der Aqua-Mühle werden alte Schriftstücke restauriert und auf Mikrofilm archiviert

Einer der Betriebe, die wir besuchen werden, ist die Aqua-Mühle. In der AQUA Mühle sind ehemalig langzeitbeschäftigungslose Menschen mit der Mikroverfilmung und Digitalisierung und von kulturellem Erbe beschäftigt.

„Wir sind stolz darauf, im Bereich der Mikroverfilmung eine der modernsten Einrichtungen in diesem Bereich im Westen Österreichs zu sein. Wir arbeiten mit mikroprozessgesteuerten Schrittschaltkameras, einer elektronischen Durchlaufkamera, einer durchlaufenden Qualitätskontrolle. Damit bieten wir ein umfassendes Leistungsangebot im Bereich Langzeitarchivierung von Archivmaterial und historischen Schriften an. Bei optimaler Lagerung sin die Daten und Schriften bis zu 500 Jahre gesichert. Wir freuen uns, einen Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes zu leisten und gleichzeitig ehemals Langzeitarbeitslose beim Erwerb arbeitsmarktrelevanter digitaler Kompetenzen zu unterstützen.“

Konferenz-Nachschau: Digitale Inklusion als integrales Ziel der Sozialwirtschaft

Während die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt als Schlagwort vielfach im Fokus steht, werden damit einhergehende Inklusions- und Exklusionstendenzen vergleichsweise wenig thematisiert. Aber gerade für schlecht ausgebildete, langzeitarbeitslose, behinderte und benachteiligte Menschen tun sich mit der Digitalisierung eine Reihe von Fragestellungen auf. Diese Menschen laufen Gefahr, komplett den Anschluss am Arbeitsmarkt zu verpassen.
Soziale Unternehmen sind hier ein wichtiger Ort des Lernens, um benachteiligte Menschen Teilhabe an der sozialen und digitalen (Arbeits-) Welt zu ermöglichen: Das war der Grundtenor der Konferenz „Soziale Unternehmen und Digitale Inklusion“, die das österreichweite Netzwerk Sozialer Unternehmen „arbeit plus“ in Kooperation mit dem European Network of Social Integration Enterprises  (ENSIE) und dem Sozialministerium im Rahmen des Österreichischen Vorsitzes im Rat der Europäischen Union am Freitag, den 16.November in der riverbox in Wien veranstaltete.

Live-Befragung der Teilnehmenden mit Smartphone & Mentimeter

Schwerpunkt des EU-Ratsvorsitzes

Edeltraud Glettler, die Leiterin der Sektion V für internationale und sozialpolitische Grundsatzfragen im Sozialministerium, begrüßte die knapp 80 europäischen Vertreter*innen aus Politik und Sozialwirtschaft: „Das Thema Digitalisierung der Arbeit ist ein wichtiger Schwerpunkt des österreichischen EU-Ratsvorsitzes“, betonte die Sektionschefin: „Generelles Ziel der politischen Bemühungen muss sein, dass bei allen durch die Digitalisierung entstehenden Arbeitsformen grundlegende  arbeitsrechtliche Standards sowie soziale Schutzmaßnahmen  gewährleistet sind“. Die Gesetzgebung hinke gelegentlich den technologischen Entwicklungen hinterher, so Glettler:  „Die neuen Arbeitsformen können nur als Chance genutzt werden, wenn die Politik gestaltend eingreift.“

Empfehlungen für Verwaltung & Politik

In der Keynote von Zachary Kilhoffer, Wissenschafter am Centre for European Policy Studies (CEPS), wurden erste Ergebnisse einer Studie des Sozialministeriums zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt, präsentiert. Außerdem wurden mögliche Ansatzpunkte für Verwaltung und Politik in Österreich herausgearbeitet. Darunter fanden sich insbesondere die Empfehlung einer Strategie für Digitale Inklusion, wie sie etwa Länder wie Israel sehr erfolgreich vorleben, oder aber auch ein „One Stop Shop“, der das wachsende Angebot an Beratungen, Qualifizierungen und Initiativen einfach und übersichtlich für alle zugänglich macht.

Digitale Inklusion als strategisches Leitthema

Manuela Vollmann: „Digitale Inklusion als Chance, für benachteiligte Menschen passgenaue arbeitsmarktpolitische Angebote und mehr soziale Teilhabe zu schaffen“

„Digitale Inklusion muss integrales Ziel der Gesellschaft und der Sozialwirtschaft sein“, ist auch arbeit plus-Vorstandsvorsitzende Manuela Vollmann überzeugt. „Wir verstehen digitale Inklusion dabei vor allem als Chance, für langzeitarbeitslose und benachteiligte Menschen passgenaue arbeitsmarktpolitische Angebote sowie mehr soziale Teilhabe zu schaffen“, so Vollmann. „Für die Sozialen Unternehmen von arbeit plus bedeutet das konkret, dass sie digitale Inklusion als strategisches Leitthema definieren und digitale Kompetenzen stärker in ihre Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen aufnehmen als bisher“, unterstreicht Vollmann.  Außerdem läge hier eine große Chance, Nutzer*innen von Anfang an in die neu zu entwickelnden bzw. anzupassenden Prozesse und Dienstleistungen einzubeziehen. „Wenn man die Prozesse in den Unternehmen nicht ändert, dann wird es kein Miteinander, sondern ein Nebeneinander“, stellte Walburga Fröhlich, die Geschäftsführerin von atempo, zur digitalen Inklusion von Menschen mit Behinderung fest. atempo entwickelt digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten und Behinderung.

Gratis-Computer für benachteiligte Menschen

Patrick de la Hamette stellte sein Re-Use-Projekt vor.

Ein europäisches Good Practice-Beispiel stellte Patrick de la Hamette vor: Das von ihm 2016 gemeinsam mit der Soziologin Isabelle Mousset gegründete soziale und partizipative Reuse-Projekt Digital Inclusion setzt gebrauchte Computer instand und gibt sie gratis an benachteiligte Menschen in Luxemburg ab. Das mittlerweile 13-köpfige Team wird dabei tatkräftig von vielen Freiwilligen unterstützt. Insgesamt 1600 Computer hat Digital Inclusion bislang verteilt. Zudem bietet das vom Staat Luxemburg und der EU geförderte Projekt mehrsprachige und ebenfalls kostenlose EDV-Kurse an. Seit Herbst 2018 werden auch Smartphones für den Wiedergebrauch fit gemacht.

 

Massimo Pivitera von ENSIE präsentierte die Erkenntnisse seines Worldcafes.

 

INNO-WISE Projekt entwickelt Toolbox für Soziale Unternehmen

Das europaweite Netzwerk ENSIE präsentierte in einem der anschließenden World Cafés die aktuellen Erkenntnisse und Ergebnisse des EU-Projekts INNO-WISEs. Dieses entwickelt maßgeschneiderte Trainings, um die digitalen Kompetenzen von sozialintegrativen Unternehmen zu verbessern. Weitere World-Cafés beschäftigten sich etwa mit Bildung und Digitalisierung aus einer Gender-Perspektive oder auch der Inklusion von Senior*innen in die digitale Welt.

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