Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung: 2013 – 2018

Vor wenigen Tagen wurde das Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 veröffentlicht. Was sind die für den arbeitsmarktpolitischen Bereich wichtigsten Pläne der Regierung, zum Beispiel bei der Weiterbildung, der Beschäftigung älterer Menschen, der Mindestsicherung, der Finanzierung der Sozialpolitik oder bei der Auflösungsabgabe?

Bei den unten angeführten Punkten handelt es sich nur um Auszüge aus dem offizielle Regierungsprogramm – um die kompletten Passagen leicht zu finden haben wir die Seitenzahlen der jeweiligen Kapitel angegeben. Das vollständige Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung aus SPÖ und ÖVP mit allen Details finden Sie hier: Regierungsprogramm 2013 – 2018

Beschäftigung (9 – 11)

Ziel: Ausbildung bis 18

Alle unter 18-jährigen sollen nach Möglichkeit eine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung abschließen.

Ziel: Weiterbildung aller Altersgruppen

Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung aller Altersgruppen und Verbesserung der Grundkompetenzen im Berufsleben durch Weiterbildungsmaßnahmen, insb. für gering Qualifizierte und ältere ArbeitnehmerInnen.

Ziel: Beschäftigung Älterer steigern

Die Arbeitslosenquote der über fünfzigjährigen liegt über dem Durchschnitt. Ältere, die ihre Beschäftigung verlieren, finden schwer wieder in den Arbeitsmarkt zurück, Pensionsreformen erfordern verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Institutionen.

  • Verstärkte Förderung der Integration Älterer (50+, bereits seit 6 Monaten arbeitslos) in den Arbeitsmarkt durch Aktivierung passiver Leistungen für Förderungen des AMS (z.B. Eingliederungsbeihilfe, Weiterführung der Aktion „Reife Leistung“, Ausbau des Zweiten Arbeitsmarktes für ältere Arbeitssuchende etc.) durch entsprechende unbefristete gesetzliche Regelung im AMPFG;
  • Evaluierung und anforderungsgerechte Weiterentwicklung des AMS Förderinstrumentariums zur Invaliditätspension Neu (IP Neu) sowie von „fit2work“

Entbürokratisierung und Entlastung (17 – 19)

Vereinfachungen im Arbeitslosenversicherungsrecht

Das Arbeitslosenversicherungsrecht ist unübersichtlich und stammt in seinen Grundzügen aus der Nachkriegszeit. Die Arbeitswelt ist dynamischer geworden und benötigt das Arbeitsmarktservice (AMS) als Serviceorganisation. Im Sinne der BezieherInnen, jener, die die Leistungen administrieren, und des Arbeitsmarktbudgets, gilt es, Ressourcen zu heben. Ziel ist eine möglichst rasche Beratung und Vermittlung sowie die Vermeidung von Beschäftigungshemmnissen.

  • Vereinfachung und Modernisierung des Arbeitslosenversicherungsrechtes
  • Überprüfung des Sozialsystems in Hinblick auf Beschäftigungshemmnisse und Armutsfallen

Soziales (61 – 62)

Die Mindestsicherung soll ein noch besseres „Sprungbrett“ in den Arbeitsmarkt werden. Unterschiede im Vollzug sollen im Hinblick auf die Grundidee der Mindestsicherung, ein österreichweit harmonisiertes System zu bilden, beseitigt werden. Dazu sollen – basierend auf Evaluierungen und Studien zu den bisherigen Erfahrungen im Vollzug sowie den Erkenntnissen des Rechnungshofs – getroffen werden:

  • Modellprojekte zwischen AMS und Sozialbehörden zur Betreuung von arbeitsfähigen MindestsicherungsbezieherInnen werden entwickelt
  • verstärkte soziale Integration, Ausbildung und Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen
  • bessere Ausgestaltung von Arbeitsanreizen, z.B. durch Reform des WiedereinsteigerInnenfreibetrags
  • gemeinsame Erarbeitung von Zielvereinbarungen für die Arbeitsmarktintegration

Im Zuge der Verhandlungen zur Fortführung der Ende 2014 auslaufenden 15a-Vereinbarung sollen mit den Ländern die Standards weiter vereinheitlicht werden.

Zur Erprobung innovativer Ansätze in der Sozialpolitik sollen neue Finanzierungsquellen für NGO-Projekte zu gesellschaftlichen Problemfeldern durch Kooperationen mit der öffentlichen Hand und gemeinnützigen Stiftungen erschlossen werden. Mittels Social Impact Bonds finanzieren gemeinnützige Stiftungen Projekte. Wird durch deren (nachweislich messbare) Wirkung eine Ersparnis für die öffentliche Hand nachgewiesen, refundiert diese der gemeinnützigen Stiftung die Investition und führt das Projekt weiter.

Pensionen (Seiten 70 – 73)

Anhebung des faktischen Pensionsalters und der Beschäftigungsquote Älterer nach einem gemeinsam festgelegten Pfad und Zeitplan

  • Konsequente Verwirklichung des Grundsatzes Prävention, Rehabilitation und Erwerbsintegration vor Pension.
  • Intensivierte Bemühungen zur möglichst dauerhaften Reintegration ältere, arbeitslose Personen in den Erwerbsprozess.
    • Einstellbonus: Arbeitgeber erhalten eine Bonuszahlung, wenn sie arbeitslose Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, einstellen. Der Einstellbonus wird nach einer Mindestbeschäftigungsdauer gewährt.
    • Zielvorgabe für AMS: Die Dienstleistungen für Unternehmen sollen auf die Erhöhung der Beschäftigung von AN > 55 Jahre ausgerichtet werden.
  • Ausweitung und Stabilisierung der Beschäftigung Älterer
    • Für Betriebe ab 25 Mitarbeitern wird eine Beschäftigungsquote für ältere Arbeitnehmer festgelegt.
    • Die geforderte Beschäftigungsquote der Altersgruppen 55-59 und 60 plus wird nach dem Branchendurchschnitt getrennt nach Geschlecht berechnet.
    • Die geltende Auflösungsabgabe wird für alle Betriebe unabhängig von der Größe bis 2016 zweckgebunden als Bonus zur Förderung der vorhandenen Beschäftigung 55 plus eingesetzt.
    • Anstelle der Auflösungsabgabe tritt für alle Betriebe, die über 25 Mitarbeiter beschäftigen und nicht ausreichend Mitarbeiter über 55 beschäftigen, ab 2017 eine neue Abgabe für altersgerechte Arbeitsplätze in Kraft. Diese ist gegenüber der Auflösungsabgabe aufkommensneutral.
    • Die Auflösungsabgabe entfällt für alle Betriebe unabhängig von der Betriebsgröße ab Inkrafttreten dieser neuen Maßnahme.
    • Die neue Abgabe für altersgerechte Arbeitsplätze wird zu 50 % als Bonus für die Beschäftigung älterer Mitarbeiter eingesetzt, die restlichen 50 % sind für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung vorzusehen.
    • Die Anzahl der Lehrlinge in den betroffenen Betrieben ist in einem entsprechenden Verhältnis anzurechnen.
    • Die Sozialpartner werden aufgefordert unverzüglich Gespräche über die Details der Regelungen aufzunehmen und verbindlich umzusetzen. Die Abwicklung erfolgt über den AMS-Verwaltungsrat.

Geplante Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik dürfen nicht auf dem Rücken der Schwächsten erfolgen!

Geförderte Arbeitsplätze in Sozialen Unternehmen von Kürzungswelle bedroht

Die kommende Regierung muss sparen, soviel ist klar. Doch der sozialpolitische Anspruch einer Regierung in einem der reichsten Länder der Welt muss es sein, die besonders ausgegrenzten Mitglieder unserer Gesellschaft so gut wie möglich zu unterstützen. Genau dies ist nun in Gefahr, wie erste Informationen aus den laufenden Koalitionsgesprächen zwischen SPÖ und ÖVP belegen.

Im vergangenen Jahr erreichte Zahl der Menschen ohne Erwerbsarbeit bisher unbekannte Ausmaße: im November 2013 waren bereits 301.898 Menschen arbeitslos vorgemerkt und weitere 79.684 in Schulungen des AMS. AMS Vorstand Johannes Kopf rechnet mit einem weiteren Anstieg: „Ende Jänner werden wir erschreckende Zahlen sehen: ich rechne mit 450.000 Menschen ohne Arbeit. Erst Ende 2015 wird die Zahl erstmals sinken“ sagte er dem „Kurier“ am 10. November 2013. Viele dieser Menschen sind armutsgefährdet oder leben in Armut. Besonders schwierig gestaltet sich die Situation für langzeitarbeitslose Menschen, die bereits seit Jahren arbeitslos sind oder nur auf kurze Beschäftigungsepisoden zurückblicken können.

AMS Budget: Kürzungswelle bei der Förderung langzeitarbeitsloser Menschen zu befürchten

Die einzig richtige Reaktion auf diese Zahlen wäre eine Erhöhung des arbeitsmarktpolitischen Förderbudgets. Für das Jahr 2014 plante das AMS Österreich ursprünglich eine Erhöhung der Fördermittel um 79 Mio. Euro. Nur so wäre es möglich die – aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit und der Reform der Invaliditätspension – gewachsene Zielgruppe des AMS angemessen zu betreuen und zu unterstützen. Diese bereits beschlossene Erhöhung soll in der kommenden Regierung aus SPÖ und ÖVP nun wieder zurückgenommen werden.

Besonders erschwerend ist, dass bereits mehr als die Hälfte des arbeitsmarktpolitischen Förderbudgets des AMS fix verplant ist. Der nötige Spielraum um diese Kürzungen abzufedern, findet sich nur mehr bei einigen wenigen Programmen: bei Sozialen Integrationsunternehmen, der Eingliederungsbeihilfe (EB) und Kursmaßnahmen.

bdv austria fordert adäquate Ausstattung der Arbeitsmarktpolitik 2014

Judith Pühringer, Geschäftsführerin des bdv austria, der bundesweiten Interessenvertretung der Sozialen Unternehmen:

Im schlimmsten Fall bedeuten diese Kürzungen (oder angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit auch „zurückgenommene Erhöhungen“) in Sozialen Integrationsunternehmen, dass rund 4.000 geförderte Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose und arbeitsmarktferne Menschen nicht angeboten werden können. Dies betrifft jene Menschen, die eine nachhaltige Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt am dringendsten benötigen, wie ältere Menschen, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder mit keiner über die Pflichtschule hinausgehenden Ausbildung.

Soziale Integrationsunternehmen bieten diesen Menschen befristete Arbeitsplätze und eine an ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten angepasste Beratung und Betreuung durch SozialarbeiterInnen. Sie sind ein Entwicklungsrahmen auf Zeit, sie fördern Kompetenzen und helfen Probleme im persönlichen Umfeld zu lösen, bevor die KlientInnen beim Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt werden. Damit haben sie eine bei weitem nachhaltigere Wirkung als andere Förderinstrumente wie die Eingliederungsbeihilfe.

bdv austria ist die bundesweite Interessenvertretung von gemeinnützigen Sozialen Unternehmen im arbeitsmarktpolitischen Bereich. Er vertritt rund 250 Organisationen und Projekte, die langzeitarbeitslose Menschen durch befristete Beschäftigung und individuelle Betreuung wieder in den regulären Arbeitsmarkt integrieren.

bdv austria präsentiert Positionspapier zur Reform der Invaliditätspension

In den vergangenen Monaten hat bdv austria an der Erstellung eines Positionspapiers zur Novellierung der Invaliditätspension gearbeitet. Wir unterstützen zwar den Grundsatz, dass die medizinische und berufliche Rehabilitation Vorrang vor der I-Pension haben soll. Allerdings ist diese Reform keine Lösung für wichtige Probleme des Arbeitsmarktes. Es braucht daher noch ein klares Bekenntnis zu den sozialen und politischen Zielen des Vorhabens, um eine entsprechende Ausgestaltung der Maßnahmen sicherzustellen.

Präambel

bdv austria unterstützt die grundlegenden Ziele der IP-Neu und den Grundsatz, dass die medizinische und berufliche Rehabilitation Vorrang vor der Invaliditätspension haben sollen.

Es handelt sich um ein entscheidendes Reformvorhaben, das – bei entsprechender Umsetzung der begleitenden Maßnahmen – zu einer hohen Erwerbsbeteiligung und der Ermöglichung von existenzsichernder und sinnstiftender Beschäftigung für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen beitragen könnte.

Gleichzeitig ist die Reform der I-Pension keine alleinige Lösung für wichtige Probleme des Arbeitsmarktes.

Es gibt schon seit Jahren ein chronisches Defizit an geeigneten Arbeitsplätzen für gesundheitlich beeinträchtigte Menschen. Zudem gibt es eine steigende Zahl von Menschen, die trotz ausreichender Qualifikation und Motivation von ArbeitgeberInnen weniger akzeptiert werden wie z.B. ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen. Ein ausschließlich aktivierender Ansatz in der aktiven Arbeitsmarktpolitik kann diese Probleme nicht lösen, da viele dieser Menschen nicht mehr in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden können.

Ein Bekenntnis zu den sozialen und politischen Zielen des Reformvorhabens ist dringend nötig, um eine entsprechende Ausgestaltung der Maßnahmen sicherzustellen.

Die Reform der I-Pension muss mehr sein als ein weiterer Baustein der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik. Sie muss zu einer Verbesserung der finanziellen, sozialen und psychischen Situation der Betroffenen beitragen und ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen – entweder durch existenzsichernde und sinnstiftende Beschäftigung oder durch angemessene Sozialleistungen.

Forderungen des bdv austria

Die Reform der Invaliditätspension muss für gesundheitlich beeinträchtigte Menschen den Zugang zu Sozialleistungen und ihnen – soweit dies gesundheitlich möglich ist – eine existenzsichernde und sinnstiftende Beschäftigung ermöglichen. Die folgenden Vorschläge sind wichtige Bausteine, um dieses Ziel Wirklichkeit werden zu lassen.

1. Existenzsichernde und sinnstiftende Beschäftigung für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen

1.1. Welche Arbeitsplätze werden benötigt?

Von gesundheitlichen Problemen betroffene Menschen sollen einen Anspruch auf hochwertige Beschäftigung in Sozialen Unternehmen mit einer marktüblichen kollektivvertraglichen Bezahlung erhalten. Der öffentliche Dienstleistungssektor könnte als erweiterter Arbeitsmarkt für diese Zielgruppe ausgebaut werden.

Unsere Gesellschaft muss Menschen mit gesundheitlichen Problemen angemessene und menschenwürdige Arbeitsplätze mit marktüblicher Bezahlung anbieten können – in Unternehmen ebenso wie im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen.

1.2. Wie könnten neue Arbeitsplätze für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen geschaffen werden?

Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt erschwert die Reintegration von Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen. Die Frage ist, ob genügend Arbeitsplätze für im Rahmen der IP-Neu umgeschulte und rehabilitierte Menschen vorhanden sind. Gleichzeitig sollte die Umschulung von am Arbeitsmarkt völlig chancenlosen Menschen vermieden werden. Ein passendes Anreizsystem, welches die Beschäftigung von gesundheitlich beeinträchtigten und langzeitarbeitslosen Menschen fördert, wäre ein großer Schritt vorwärts. Auch die öffentliche Beschaffung sollte in stärkerem Ausmaß als sozial-, arbeitsmarkt- und umweltpolitisches Instrument wahrgenommen und genutzt werden. (Ein Bonus-Malus-System für ältere Beschäftigte wird durch die Sozialpartner ausgearbeitet und soll in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden.)

Als weitere Maßnahme sollten in Sozialen Unternehmen zahlreiche neue Arbeitsplätze für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen geschaffen werden – besonders für jene, die beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt mehr Betreuung und Unterstützung benötigen oder nur teilleistungsfähig sind. Dabei braucht es vor allem länger andauernde Beschäftigungsmöglichkeiten – sowohl mit flexiblen Übergängen zwischen geförderten und nicht geförderten Beschäftigungsmodellen, als auch zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung, wobei jedoch sichergestellt werden muss, dass mit einer Ausdehnung der Arbeitszeit keine finanziellen Nachteile verbunden sind.

Wir müssen neue Arbeitsplätze für Menschen mit gesundheitlichen Problemen schaffen. Ein Anreizsystem zur Beschäftigung dieser Menschen wäre ein erster Schritt, es braucht aber auch neue Arbeitsplätze in Sozialen Unternehmen – für jene Menschen, die beim Wiedereinstieg mehr Unterstützung benötigen.

1.3. Nur ein ganzheitlicher Ansatz kann zu nachhaltigen Lösungen im Sinne der betroffenen Menschen führen.

Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im arbeitsmarktpolitischen Bereich müssen von ihren AuftraggeberInnen in die Lage versetzt werden, flexibel auf die individuelle Situation ihrer KlientInnen eingehen zu können. Das Ziel der Maßnahmen für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen muss die Verbesserung ihrer finanziellen, sozialen und psychischen Situation sein und ihnen ermöglichen, sich im Leben wieder nach vorne zu orientieren. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt soll in Folge ein mögliches Ergebnis dieses Prozesses sein. Er darf jedoch nicht das einzige Kriterium für eine erfolgreiche Durchführung der Maßnahme sein.

Die meisten unserer KlientInnen haben vielseitige Probleme beim (Wieder-) Einstieg in den Arbeitsmarkt. Unser Ziel muss daher zuerst die Verbesserung ihrer finanziellen, sozialen und psychischen Situation sein – nach dieser Stabilisierung kann der Wiedereinstieg in Arbeitsmarkt als Ziel gesetzt werden.

1.4. Armutsfallen verhindern und flexible Übergänge zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen

Es muss für eine ausreichende finanzielle Absicherung von jenen Personen gesorgt werden, die trotz erfolgreicher medizinischer und / oder beruflicher Rehabilitation keiner existenzsichernden Beschäftigung mehr nachgehen können. Dies wäre beispielsweise durch angepasste Modelle wie den Kombilohn, die Eingliederungsbeihilfe oder andere Lohnergänzungen möglich.

Vergleichbare Modelle sind auch gefragt, um BezieherInnen von Transferleistungen einen flexiblen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ohne dadurch finanzielle Einbußen oder den Verlust von sozialrechtlichen Ansprüchen in Kauf nehmen zu müssen. Dies wäre beispielsweise für TeilnehmerInnen niederschwelliger Beschäftigungsprojekte mit stundenweiser Beschäftigung wichtig, um einen langsamen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Auch für BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die mehrere Personen versorgen müssen und am Arbeitsmarkt nicht in der Lage sind, ein vergleichbares Erwerbseinkommen zu erwirtschaften, sind neue Lohnergänzungsmodelle dringend nötig.

Um arbeitslose Menschen optimal beim (Wieder-) Einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen zu können brauchen wir möglichst flexible Übergänge zwischen Arbeitslosigkeit, geförderter Beschäftigung und ungeförderter Beschäftigung. Dafür müssen auch die bestehenden Zuverdienstregeln angepasst werden.

2. Welche Angebote gibt es für Menschen, denen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht gelingt?

2.1. Für ungelernte Beschäftigte braucht es einen verbesserten Zugang zur Invaliditätspension falls eine existenzsichernde Beschäftigung am Arbeitsmarkt nicht mehr möglich ist.

Derzeit haben Personen ohne Berufsschutz – selbst mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen – keinen Zugang zur Invaliditätspension, solange sie theoretisch noch die Hälfte des niedrigst denkbaren Vollzeit-Arbeitslohns erwerben können. Für diese Menschen sollte der Zugang zur Invaliditätspension erleichtert werden: Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, 80% des niedrigst denkbaren Einkommens oder zumindest ein Einkommen in Höhe der Ausgleichszulage zu verdienen, sollten Anspruch auf Rehabilitation erhalten und damit auch Zugang zur Invaliditätspension, falls eine berufliche Rehabilitation nicht (mehr) sinnvoll erscheint.

Aus unserer Sicht sollten alle Menschen Zugang zur Invaliditätspension erhalten, die aus gesundheitlichen Gründen keiner existenzsichernden Beschäftigung mehr nachgehen können.

2.2. Es braucht dauerhaftere Modelle geförderter Beschäftigung für Menschen, die am Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass vielen gesundheitlich beeinträchtigen Menschen auch nach medizinischen oder beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen kein nachhaltiger Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gelingen wird. Diesen Menschen müssen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in einem erweiterten Bereich des Arbeitsmarktes oder ein Zugang zur Invaliditätspension angeboten werden. Soziale Unternehmen erfüllen für arbeitsmarktferne Menschen seit Jahren eine Brückenfunktion in den ersten Arbeitsmarkt. Auch für gesundheitlich beeinträchtigte Menschen, denen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt (vorerst) nicht gelingt, sollten zahlreiche neue Arbeitsplätze im sogenannten zweiten und dritten Arbeitsmarkt geschaffen werden. Diese Arbeitsplätze sollten sowohl eine längerfristige Beschäftigung, als auch flexible Übergänge zwischen verschiedenen Formen geförderter und nicht geförderter Beschäftigung ermöglichen.

Für Menschen, denen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht gelingt, müssen dauerhaftere Arbeitsplätze in Sozialen Unternehmen geschaffen werden – mit möglichst flexiblen Übergängen zwischen verschiedenen Formen geförderter und nicht geförderter Beschäftigung.

3. Einsparungen durch die IP-Neu für maßgeschneiderte Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote nutzen

3.1. Es braucht ein Aus- & Weiterbildungsgeld für alle betroffenen Menschen.

Beschäftigte mit Berufsschutz erhalten durch die IP-Neu Anspruch auf Umschulungsgeld und eine Umschulung auf ihrem Qualifikationsniveau. Ungelernte Beschäftigte haben nur Anspruch auf medizinische Rehabilitation, obwohl gerade sie enorm von Weiterbildung bei ihrer Reintegration in den Arbeitsmarkt profitieren könnten.

bdv austria fordert die Einführung eines Aus- und Weiterbildungsgeldes für alle Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

3.2. bdv austria fordert eine Bildungsoffensive für Menschen mit geringer formaler Ausbildung.

In den kommenden Jahren werden zahlreiche Arbeitsplätze für Menschen ohne formale Ausbildung ersatzlos verloren gehen. Schon jetzt sind Menschen mit formalen Qualifikationen unterhalb eines Lehrabschlusses deutlich öfter und länger von Arbeitslosigkeit betroffen als andere Bildungsgruppen. Wir setzen uns deshalb für eine Qualifizierungsoffensive für Menschen mit geringen formalen Ausbildungen ein. Die Einsparungen aus der Reform der Invaliditätspension sollten für diese Bildungsoffensive eingesetzt werden.

Ein großer Teil des Lernens findet heute nicht in Bildungseinrichtungen, sondern im natürlichen Lebensumfeld (beispielsweise in der Arbeit, der Freizeit oder im familiären Kontext) statt. Diese Kompetenzen sind bisher jedoch genauso unsichtbar wie nicht abgeschlossene Ausbildungen. Durch die Entwicklung eines systematischen Kompetenzerfassungssystems für die informell und nonformal erworbenen Kompetenzen von bildungsbenachteiligten Personen und dessen Anbindung an den Nationalen Qualifikationsrahmen könnten bestehende Kompetenzen sichtbar gemacht werden. Gerade die in Sozialen Unternehmen täglich gelebte Kombination von Arbeiten und Lernen ist eine Chance für bildungsbenachteiligte Menschen, um Bildungsabschlüsse auf alternativen Wegen zu erreichen, beziehungsweise bestehende Qualifikationen sichtbar zu machen.

bdv austria unterstützt die Pilotierung eines Kompetenzerfassungssystems für nonformal und informell erworbene Qualifikationen. Gleichzeitig müssen Soziale Unternehmen als Lernorte anerkannt werden und ihre personellen und finanziellen Ressourcen entsprechend erweitert werden.

4. Sonstige Forderungen

4.1. Die Neuregelung der Invaliditätspension muss für alle Versicherungssysteme gelten.

Derzeit gilt die Reform der Invaliditätspension nur für unselbständig Beschäftigte (ASVG-Versicherte), während Landwirte, Beamte und Selbständige nicht davon betroffen sind. Anstelle einer Harmonisierung des Systems erfolgt eine weitere Differenzierung, da zum Beispiel selbständig Erwerbstätige weiterhin befristete I-Pensionen beziehen können.

Für alle erwerbstätigen Menschen in Österreich sollten die gleichen Zugangsregeln für die Invaliditätspension gelten.

4.2. Es braucht eine neue von Respekt und Rücksichtnahme geprägte Form der Zusammenarbeit des AMS mit seinen KundInnen.

Die Zuweisung zu Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation und Reintegration muss an die individuellen Bedürfnisse der betroffenen Menschen angepasst werden und deren Wünsche berücksichtigen. Sie muss freiwillig und mit Zustimmung der betroffenen Menschen passieren, um bestmögliche Ergebnisse zu ermöglichen. Ebenso sollte die Verfügbarkeit von freien Plätzen nicht als maßgebliches Kriterium für die Zuweisung herangezogen werden.

Die Zuweisung zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen muss in Zukunft auf Freiwilligkeit beruhen und die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der betroffenen Menschen stärker berücksichtigen. Nur so können sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte ihre volle Wirksamkeit entfalten.

 

Soziale Unternehmen am Weihnachtsmarkt des BMASK

Heute wurde der alljährliche Weihnachtsmarkt im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) bereits zum vierten Mal in Folge von gemeinnützigen Sozialen Unternehmen bespielt. In diesem Jahr nahmen mit carla mittersteig, fairwurzelt, fix und fertig, der Lehrlingsstiftung Eggenburg, Ökokreis, der Volkshilfe Jobfabrik und Job-TransFair gemeinsam mit der Jugendwerkstatt insgesamt sieben Unternehmen aus dem Netzwerk und Umfeld des bdv austria teil.

Neben zahlreichen Adventkränzen gab es bedruckte Textilien, Weihnachtsschmuck, biologische Kräuter und Gewürze, Schmuck und viele andere Kleinigkeiten. Leider war der Markt nur für MitarbeiterInnen des BMASK zugänglich. Falls Sie trotzdem auf den Geschmack gekommen sind besuchen Sie doch die Webseiten der teilnehmenden Unternehmen. Viele werden in den kommenden Wochen auch auf anderen Märkten vertreten sein und helfen Ihnen gerne bei Anfragen weiter.

Armutskonferenz: Erkenntnisse aus dem Sozialbericht 2011-2012

Aus dem gestern präsentierten Sozialbericht zur sozialen Lage in Österreich zieht die Armutskonferenz, das österreichische Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung, drei Schlüsse:

Bedrückende und ausgrenzende Lebenssituationen steigen

Die manifeste Armut und die Dauer der Armut nimmt zu. Steigende Ausgaben in den zentralen Positionen Wohnen, Energie und Ernährung machen große Probleme, gesundheitliche Beeinträchtigungen und psychische Erkrankungen, schlechte und prekäre Jobs, Einsamkeit und Beschämung machen einer wachsenden Zahl von Menschen zu schaffen. Einschränkung in zentralen Lebensbereichen heißt: Die Betroffenen können abgetragene Kleidung nicht ersetzen, die Wohnung nicht angemessen warm halten, geschweige denn unerwartete Ausgaben tätigen. Außerdem sind arme Menschen häufiger krank und leben in feuchten, schimmligen Wohnungen, weil beispielsweise das Geld für eine Wohnraumsanierung fehlt. Chronische Armut nimmt Zukunft. Menschen, die am Limit leben, haben geringere Aufstiegschancen. Ihre Zukunft wird von der sozialen Herkunft bestimmt. In Österreich haben Kinder armer Menschen eine schlechtere Chance auf eine gute Ausbildung – der soziale Status der Eltern beeinflusst in den meisten Fällen die Bildungs- und damit die Einkommenschancen der Kinder.

Sozialstaatliche Instrumente können soziale Folgen der Krise bremsen

Die Haushalteinkommen bleiben insgesamt stabil. Die Einkommensarmut wird sogar reduziert. Ohne Sozialleistungen wären auch mittlere Haushalte massiv unter Druck und stark abstiegsgefährdet. Was wir bei der Einkommensmessung aber nicht sehen, sind die Ausgaben. Besonders die Bereiche Wohnen, Energie und Ernährung sind inflationsbedingt am stärksten gestiegen. Das sind genau jene Ausgaben, die in Armutshaushalten den größten Teil des Monatsbudgets ausmachen.

Soziale Schere geht auf

Sowohl innerhalb der Lohneinkommen, aber besonders was das Vermögen betrifft. Es zeigt sich eine äußerst hohe Konzentration der Vermögen ganz oben. Die obersten 5% besitzen die Hälfte des gesamten Vermögens, die untersten 50% gemeinsam bloß 4%. Erben ist einer der wichtigsten Vermögensquellen. Die Nationalbank weist darauf hin, dass Besitzer hoher Geldvermögen nur eingeschränkt erfasst werden. Die tatsächliche Ungleichverteilung ist demnach noch viel größer.

Weitere Informationen und zahlreiche Statistiken und Dokumente zum Thema Armut finden Sie auf der Website der Armutskonferenz.

Soziale Unternehmen zeigen ihre Produkte am Weihnachtsmarkt des BMASK

Der heute stattfindende Weihnachtsmarkt im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) wurde in diesem Jahr bereits zum dritten Mal in Folge von gemeinnützigen Sozialen Unternehmen bespielt. Heuer nahmen mit fairwurzelt, fix und fertig, der Lehrlingsstiftung Eggenburg, Ökokreis, dem Verein Vamos, der Volkshilfe Jobfabrik und dem Wiener Hilfswerk insgesamt sieben Unternehmen aus dem Netzwerk und Umfeld des bdv austria teil und boten ihre Produkte vielen interessierten KundInnen an.

Leider war der Markt nur für MitarbeiterInnen des BMASK zugänglich. Falls Sie trotzdem auf den Geschmack gekommen sind besuchen Sie doch die Webseiten der teilnehmenden Unternehmen. Viele werden in den kommenden Wochen auch auf anderen Märkten vertreten sein und helfen Ihnen gerne bei Anfragen.