Plädoyer für ein neues Arbeitskonzept

Adelheid Bieseckers Rede anlässlich der 30-Jahr-Feier beginnt mit einem Lob für arbeit plus und seine Sozialen Unternehmen. Denn der Einsatz für die Re(Integration) von Menschen am Arbeitsmarkt sei in der Gegenwart von enormer Bedeutung. Dies nicht zuletzt weil „in unseren modernen Gesellschaften neben dem Einkommen auch das Selbstwertgefühl und die soziale Integration von einem Arbeitsplatz abhängen“, so die Ökonomin.

Ökonomin Adelheid Biesecker begeisterte die Festgäste mit ihrem inspirierenden Vortrag zum "Ganzen der Arbeit".
Ökonomin Adelheid Biesecker begeisterte die Festgäste mit ihrem inspirierenden Vortrag zu einer “Guten Arbeit”.

Nicht lebensfreundlich

Adelheid Biesecker ist eine Vordenkerin. Für sie tragen gegenwärtige Herausforderungen bereits die Frage nach der Zukunftsfähigkeit in sich: Was müssen wir heute tun, damit kommende Generationen ein „Gutes Leben“ führen können? Die Antwort liegt für Biesecker in der Überwindung des Erwerbsarbeitskonzepts. Dieses sei, so die Ökonomin, aus mindestens drei Gründen nicht zukunftsfähig: „Es ist nicht lebensfreundlich, nicht naturgemäß und nicht geschlechtergerecht.“

Die mangelnde Lebensfreundlichkeit des Erwerbsarbeitskonzepts zeigt sich Biesecker zufolge in der hohen Ungleichverteilung von Arbeit: „Während arbeitslose Menschen ausgegrenzt werden, wird den Überarbeiteten Lebenszeit genommen“. Die Natur werde wiederum lediglich als Rohstofflieferantin und Abnehmerin von Abfall gesehen. Und auch die zur überwiegenden Mehrheit von Frauen geleistete Sorgearbeit werde durch das enge Korsett der Erwerbsarbeit systematisch ausgeschlossen und unterbewertet, kritisiert Biesecker: „Dabei kann niemand morgens zur Arbeit gehen, ohne dass er oder sie selber Sorgearbeit geleistet hat oder für ihn oder sie Sorgearbeit geleistet wurde.“

Für das Ganze der Arbeit

Zukunftsfähig sein heißt somit, die soziale Lebenswelt und die Regenerationsprozesse der Natur im Arbeitsprozess zu integrieren. Adelheid Biesecker spricht folglich vom „Ganzen der Arbeit“. Dabei macht sie deutlich, dass es ihr dabei nicht um eine kleine Verschiebung, sondern um einen konzeptuellen Bruch geht: „Die Transformation des Arbeitskonzepts lässt nichts unberührt, nicht die Geschlechterverhältnisse, nicht den Umgang mit der Natur, nicht die Ökonomie, nicht die Politik.“

Welche Rolle kann arbeit plus dabei spielen? Biesecker: „arbeit plus kann ein starker Akteur im Transformationsprozess des Arbeitskonzepts sein. Das Netzwerk hat viel Erfahrung, nimmt die Perspektive der Menschen ein und weiß von den Mängeln der heutigen Erwerbsarbeit – und es hat Pioniergeist. Ich wünsche mir, dass arbeit plus all das nutzt, um mitzuhelfen, Arbeit als das „Ganze der Arbeit“ zukunftsfähig zu gestalten. Und ich wünsche Ihnen viel Glück dabei.“

Hier finden Sie Adelheid Bieseckers Vortrag in voller Länge als PDF (BieseckerFestakt2016 Wien) sowie zum Nachhören: