Neues EU-Projekt zur Stärkung von Schlüsselkräften

Was unterscheidet einen Koch oder Tischler, der mit langzeiterwerbslosen Menschen in Küche oder Werkstatt steht, von einem anderen Koch oder Tischler? „Soziale Fähigkeiten brauchen alle Menschen, die andere Menschen im Berufsleben führen und anleiten. Arbeitsanleiterinnen und Arbeitsanleiter in Sozialen Unternehmen sind aber ungleich stärker gefordert und sie benötigen darum auch noch stärker entwickelte soziale Kompetenzen und ein bestimmtes soziales Knowhow“, ist Charlotte Gruber vom bdv austria überzeugt. Und weil dieses Thema grenzüberschreitend ist, beschäftigt sich nun ein zweijähriges EU-finanziertes Erasmus-Projekt unter dem Titel „Strengthening Emergent Professional Profiles” (etwa: „Stärken aufkeimender, neuer Jobprofile“) mit dieser Frage.

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Bis zum Winter 2016 erarbeiten die TeilnehmerInnen am Erasmus-Projekt gemeinsame Anforderungsprofile für Schlüsselkräfte.

Bis zum Winter 2016 arbeiten VertreterInnen aus Portugal, Italien, Großbritannien und Österreich an gemeinsamen Anforderungsprofilen und Schulungsprogrammen für so genannte „Schlüsselkräfte“. Zudem sollen auch Strategien zur Vermarktung der Produkte und zur Bewerbung der Unternehmen entstehen.

„Schlüsselkräfte“ heißen allerdings nur in Österreich so: „Alle beteiligten Länder haben unterschiedliche Begriffe und auch insgesamt ist der Social Business Sektor überall anders organisiert. Aber genau das macht es sehr spannend“, sagt Gruber, die für bdv austria die Agenden im Erasmus-Projekt wahrnimmt.

Viele Länder, viele Regeln

So sind im Social Business-Sektor Großbritanniens Menschen mit Behinderungen eine der Hauptzielgruppen. Dort gibt es Soziale Unternehmen, in denen behinderte Menschen ihre staatlichen Transferleistungen als Betriebskapital einbringen und für ihre Arbeit dafür ein Gehalt bekommen. In Italien ist das Social Business primär in Form von Kooperativen organisiert, die zwar kaum öffentliche Gelder, dafür aber Aufträge von den Gemeinden etwa zur Müllentsorgung und –verarbeitung erhalten. Das österreichische Modell – staatliche geförderte Entlohnung für langzeiterwerbslose Menschen, die bei Sozialen Unternehmen befristet beschäftigt und in dieser Zeit auch sozialpädagogisch unterstützt werden – ist in anderen Ländern weniger verbreitet.

Lokalaugenschein in Vila do Conde: In der ersten Phase geht es vor allem darum, voneinander zu lernen.

Kein Wunder also, dass bei so viel Unterschiedlichkeit in der ersten Projektphase die internationalen VertreterInnen nun zunächst einmal damit beschäftigt sind, voneinander zu lernen und die Regeln der jeweils anderen kennenzulernen.

Salat vom Social Business Betrieb

Beim Treffen der Projektgruppe in Porto (Portugal) Anfang des Jahres stand auch ein Lokalaugenschein in Sachen Social Business auf dem Programm. In Vila do Conde (nördlich von Porto) betreibt die Organisation Santa Porto 6 Vila do Conde-20150130Casa da Misericordia ein Krankenhaus, ein Rehazentrum und weitere Gesundheitseinrichtungen: Das Gemüse, das in diesen Einrichtungen auf den Teller kommt, stammt aus einem landwirtschaftlichen Integrationsbetrieb. Fünf auf zwei Jahre befristete TransitmitarbeiterInnen und fünf dauerhaft beschäftigte Personen ziehen dort in Folientunneln und auf dem freien Feld Salat, Kartoffeln und Co.