Nachlese Innovation Lab: Arbeit in der Krise?

Der österreichische Arbeitsmarkt befindet sich in der größten Krise seit 1946: mehr als eine halbe Million Menschen sind ohne Job, mehr als 1,4 Millionen weitere sind in Kurzarbeit. Insgesamt ist also beinahe ein Drittel der Erwerbsbevölkerung von Jobverlust oder Verkürzung der Arbeitszeit betroffen. Und auch für diejenigen, die weiterhin einen Job haben, ist vieles nicht mehr so wie zuvor: Zahlreiche Menschen arbeiten im Home Office, Arbeiter*innen in den „systemrelevanten“ Berufen sind noch größeren Belastungen und Risiken ausgesetzt und die bisher vielfach ausgelagerte Sorgearbeit muss wieder innerhalb des Haushalts verteilt werden, oft zulasten der Frauen. 

Drei spannende Inputs thematisierten im Rahmen des arbeit plus Innovation Labs am 19. Mai 2020 diese Umwälzungen am Arbeitsmarkt und deren Folgen. Helmut Mahringer (WIFO) gab einen Überblick über die Entwicklungen am Erwerbsarbeitsmarkt und den Anstieg der Arbeitslosigkeit, der hauptsächlich Menschen im Haupterwerbsalter und überproportional stark Arbeiter*innen und Angestellte betrifft. Das WIFO prognostiziert für das Jahr 2020 eine Arbeitslosenquote von 8,7% bis deutlich über 9% sowie einen deutlichen Beschäftigungsrückgang von rund 1,7%. Von politischer Seite wird es in den nächsten Jahren notwendig sein, Verfestigungstendenzen entgegenzuwirken. 

Die „Corona-Kurzarbeit“ fängt einen noch stärkeren Beschäftigungsrückgang ab. Dennis Tamesberger (AK OÖ) gab einen Überblick über das österreichische Kurzarbeitsmodell, das mittlerweile mehr als 1,4 Millionen Arbeitnehmer*innen in Anspruch nehmen. Deutlich ist dabei, dass Kurzarbeit für Betriebe günstiger ist als eine Kündigung und auch für den Staat wenig Mehrkosten im Vergleich zur Arbeitslosigkeit bringt. Für die betroffenen Arbeitnehmer*innen bietet Kurzarbeit in jedem Fall mehr Planungssicherheit und ein höheres Einkommen. Gleichzeitig machen derzeit viele Menschen Erfahrungen mit einer Arbeitszeitverkürzung. Das könnte auch als Anstoß für weitere Diskussionen in diese Richtung dienen. 

Die Krise verändert nicht nur den Erwerbsarbeitsmarkt, sondern Arbeit als Ganzes. Darauf machte Katharina Mader (WU Wien) in ihrem Input aufmerksam. Krisen wirken immer als Vergrößerungsglas auf bestehende Ungleichheiten. Gerade in Bezug auf die ungleiche Verteilung und Bewertung von Arbeit abseits der Erwerbsarbeit ist das in der Corona-Krise besonders deutlich. Frauen geben in aktuellen Befragungen an, den Großteil der Verantwortung für die Sorgearbeit, etwa Kinderbetreuung, zu tragen und dadurch sowohl vom Staat als auch von ihren Partnern nur unzureichend unterstützt zu werden. Die Politik muss in Zukunft Gleichstellungsagenden aktiv aufgreifen und vorantreiben. Vor allem aber muss der Arbeitsbegriff breiter definiert werden, denn Sorgearbeit ist nicht einfach nur Arbeit „aus Liebe“, es ist notwendige Arbeit, ohne die Erwerbsarbeit gar nicht möglich wäre. 

In der Diskussion wurden auch Parallelen mit der Krise 2008/9 gezogen, insbesondere in Hinblick auf die Entwicklung der Langzeitbeschäftigungslosigkeit. Diese stieg zeitverzögert, also nach der Rezession, stark an und bleibt bis heute auf einem hohen Niveau. Eine ähnliche Entwicklung ist in den kommenden Jahren zu befürchten.

Eine zukunftsgerichtete, innovative Arbeitsmarktpolitik „für die vielen“ kann dem entgegenwirken!