Die fortschreitende Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche und das gesellschaftliche Zusammenleben nachhaltig: Wie wir arbeiten, wie wir kommunizieren und wie wir uns am gesellschaftlichen Leben beteiligen. Für Demokratien sind Digitalisierung und die Möglichkeiten des Internets eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine Chance, mehr Menschen zu erreichen als je zuvor. Der Informationsaustausch passiert schneller und unmittelbarer als noch vor wenigen Jahren, die Beteiligung an verschiedenen Formen der direkten Demokratie, wie etwa Petitionen oder Volksbegehren, ist sehr viel einfacher geworden, ebenso wie die Organisation von Protesten und Kundgebungen. All das kann dazu beitragen, Menschen und gesellschaftliche Gruppen zu mobilisieren, die sich früher kaum politisch beteiligt haben und deren Stimmen ungehört blieben. Gleichzeitig zeigt sich aber auch ein Fortschreiben der Ungleichheit von politischer Partizipation entlang von sozioökonomischem Status. Neue Gefahren für Exklusion entstehen insbesondere für Menschen, die sich aufgrund ihrer Lebensumstände nicht die Zeit für politische Beteiligung und das Erlernen der nunmehr dafür notwendigen digitalen Kompetenzen nehmen können.
Diskussionsteilnehmer*innen am Europäischen Forum Alpach
Wie ist es also möglich, im digitalen Zeitalter Partizipation zu gestalten? Dieser Frage widmete sich eine Diskussionsrunde am diesjährigen – digital abgehaltenen – Europäischen Forum Alpbach. Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus und Geschäftsführerin von ABZ*Austria, war in der Runde der Expert*innen aus Politik, Zivilgesellschaft und Partizipationsforschung vertreten. Im Fokus standen nicht so sehr die Möglichkeiten und Gefahren der Digitalisierung, sondern die übergeordnete Frage danach, wie Politik den Menschen eine Stimme geben kann. Digitale Möglichkeiten und Tools können dafür hilfreich sein, müssen aber in jedem Fall inklusiv gestaltet werden. Eine Gesellschaft, in der alle einen Platz finden, muss auch und gerade im digitalen Zeitalter ein zentrales Ziel von Politik und Politikgestaltung sein, denn Ungleichheit und Exklusion gefährden die Demokratie.
Politikgestaltung braucht eine breite Zivilgesellschaft.
Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus
„Politikgestaltung braucht eine breite Zivilgesellschaft“, ist Manuela Vollmann überzeugt. Gerade in der Gestaltung von regionalen Programmen und Maßnahmen müssen sowohl die Zivilgesellschaft als auch die betroffenen Zielgruppen viel stärker miteinbezogen werden, als das derzeit der Fall ist. Nur so kann Teilhabe für marginalisierte Gruppen in allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen – Demokratie, politische Mitbestimmung, aber auch am Arbeitsmarkt – ermöglicht und sichergestellt werden. Beteiligung muss ein integraler Bestandteil von Politikgestaltung sein, denn: „Die Betroffenen wissen am besten, was sie brauchen“, betont Manuela Vollmann. Das zeigen auch die Erfahrungen des ABZ*Austria mit peer Projekten deutlich. Vollmann verweist zudem auf die experimentelle Arbeitsmarktpolitik in den 1980er Jahren. Damals entstanden im Rahmen von partizipativen Prozessen und unter Einbindungen der Zielgruppe ebenso wie regionaler Akteur*innen die Sozialen Unternehmen, die heute das Netzwerk von arbeit plus bilden. Angesichts der aktuellen Krise wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, wieder innovative Formate zu erproben, um nachhaltige neue Strukturen aufzubauen: „Es braucht etwas Neues, etwas, das bei den Menschen ankommt – etwas, in das sie eingebunden sind und das Ungleichheit verringert“, fasst Manuela Vollmann zusammen. „Was das sein könnte, müssen wir gemeinsam erarbeiten. Aber wann, wenn nicht jetzt?“
Nähere Informationen zur Diskussionsrunde gibt es unter diesem Link: