MindestsicherungsbezieherInnen brauchen maßgeschneiderte Arbeitsangebote

„Arbeit ist nicht immer existenzsichernd, aber sie bleibt ein wichtiger Ausweg aus der Armutsfalle. Menschen, die die Mindestsicherung beziehen, müssen zum Arbeiten bereit sein. Es gibt aber einfach nicht genug passende Jobs für sie“, sagt Judith Pühringer, Geschäftsführerin von arbeit plus. Etwa jede vierte langzeitbeschäftigungslose Person bezieht Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS). „Es kann viel getan werden, damit diese Frauen und Männer wieder auf eigenen Beinen stehen können. Aber es muss eben auch getan werden“, ist die Arbeitsmarktexpertin überzeugt.

Pühringer schlägt einen Maßnahmenmix vor, der BezieherInnen der Mindestsicherung wieder näher ans Erwerbsleben bringen soll. Konkret fordert sie eine Reform des derzeitigen Freibetragsmodells, eine Bildungsoffensive für BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung sowie den Ausbau des „Stufenmodells“.

Der aktuelle Freibetrag für BMS-BezieherInnen war wegen seiner geringen Höhe nicht sehr erfolgreich darin, Menschen aus der Mindestsicherung zu holen. Derzeit können BMS-BezieherInnen (unter gewissen Voraussetzungen) von einem etwaigen Zuverdienst 15 Prozent des Nettoeinkommens und höchstens 142,42 Euro im Monat behalten. Das restliche Einkommen wird von der Höhe der Mindestsicherung abgezogen.

Die arbeit plus-Geschäftsführerin schlägt eine Reform dieses Freibetragsmodells vor: Demnach solle es künftig für den Freibetrag keine Obergrenze mehr geben. Die 15 Prozent sollen auf ein Drittel (33,3 Prozent) steigen. Um eine dauerhafte Lohnsubvention zu vermeiden, solle der Freibetrag schrittweise sinken: auf ein Viertel im zweiten Jahr und auf ein Fünftel des Nettoeinkommens im dritten Jahr. Danach solle der Freibetrag dem arbeit plus-Modell zufolge wegfallen.

Bildungsoffensive für MindestsicherungsbezieherInnen

Ein weiterer Baustein auf dem Weg zurück ins Erwerbsleben ist für Pühringer eine Bildungsoffensive für BMS-BezieherInnen und langzeitbeschäftigungslose Menschen: „Unzureichende Qualifikationen führen schnell ins berufliche Abseits. Über die Hälfte der langzeitbeschäftigungslosen Menschen hat maximal einen Pflichtschulabschluss. Maßgeschneiderte Qualifizierungsmaßnahmen, etwa Kurse zum Nachholen des Schulabschlusses oder die Unterstützung außerordentlicher Lehrabschlüsse, sind eine gute Investition in die Zukunft.“

Stufenmodell der Integration ausbauen

Die Erfahrung in Sozialen Unternehmen in Niederösterreich und in der Steiermark zeigt: Auch das sogenannten „Stufenmodells der Integration“ für besonders arbeitsmarktferne Personen holt Menschen aus der beruflichen Sackgasse. In fünf aufeinander aufbauenden Stufen (Clearing, stundenweise Beschäftigung, Arbeitstraining, Transitarbeitsplatz, Nachbetreuung) werden die TeilnehmerInnen, darunter viele MindestsicherungsbezieherInnen, Schritt für Schritt an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt. „Ein österreichweiter Ausbau dieses Erfolgsmodells könnte für Tausende Menschen zum Sprungbrett zurück ins Erwerbsleben werden“, ist Pühringer überzeugt. Um auch jenen Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft zu ermöglichen, für die ein Job am ersten Arbeitsmarkt nicht realistisch ist brauche es zudem dauerhaft geförderte Arbeitsplätze, wie sie etwa in Belgien existieren.

arbeit plus ist das Netzwerk von 200 gemeinnützigen Sozialen Unternehmen, die durch Bildung, Beschäftigung und Qualifizierung arbeitsmarktferne Personen bei ihrem (Wieder-)Einstieg in das Erwerbsleben unterstützen.

arbeit plus unterstützt die Kampagne der Armutskonferenz #abersicher, die sich gegen Ausgrenzung und für die Teilhabe benachteiligter Menschen stark macht. „Die Mindestsicherung sichert das Mindeste. Nicht mehr und nicht weniger. Das muss in einem Sozialstaat einfach drin sein“, so Pühringer abschließend.