Judith Pühringer: „Kein Hartz IV in Österreich!“

„Wir brauchen nur über die Grenzen zu blicken, um zu sehen, wohin das deutsche Hartz IV-System die Menschen geführt hat: nämlich zu Armut und sozialer Ausgrenzung. Prekäre, also nicht existenzsichernde Jobs für möglichst viele arbeitslose Menschen kann nicht das Ziel sein“: Mit diesen Worten erteilt Judith Pühringer, Geschäftsführerin des Bundesdachverbands für Soziale Unternehmen, dem jüngsten Vorschlag von IV-Präsident Georg Kapsch eine klare Absage. Der Präsident der Industriellenvereinigung hatte im Gespräch mit dem Kurier Reformen nach dem deutschen Modell gefordert.

“Es muss um qualitätsvolle Jobs gehen”

“Prekäre Jobs für möglichst viele arbeitslose Menschen kann nicht das Ziel sein”, ist bdv austria-Geschäftsführerin Judith Pühringer überzeugt.

„In der Arbeitsmarktpolitik muss es um qualitätsvolle Jobs gehen, von denen die Menschen auch leben können“, ist Pühringer überzeugt: „Den Pfad von Hartz IV zu beschreiten hieße, die Grundfesten der österreichischen Arbeitsmarktpolitik zu verlassen – zum Nachteil für die arbeitslosen Menschen und die Gesellschaft.“

Dass Deutschland im Vergleich zu Österreich und anderen EU-Ländern niedrigere Arbeitslosenzahlen habe, läge zudem weniger an Hartz IV als an anderen strukturellen Gründen, so die Arbeitsmarktexpertin. So sei im Nachbarland beispielsweise ein Teil der Babyboomer-Generation – anders als in Österreich – schon in Pension. Zudem gäbe es dort ein höheres Wirtschaftswachstum.

An den Rand der Gesellschaft gedrängt

„Immer mehr Menschen werden in Deutschland über unwürdige und entwürdigende Arbeit in den Arbeitsmarkt integriert“, warnte auch der renommierte deutsche Soziologe Klaus Dörre bei der heurigen Armutskonferenz in Salzburg vor dem „Modell Deutschland“: Der Hochschulprofessor (Universität Jena) hat die Auswirkungen des Hartz IV-Modells auf die Gesellschaft untersucht. Das System zwinge arbeitslose Menschen in prekäre Beschäftigung, die nicht existenzsichernd sei und aus der sie nur schwer wieder herauskämen, so sein Resumee: „Nur 12 Prozent schaffen es, in bessere Arbeitsverhältnisse umzusteigen.“ Dazu komme die Ausgrenzung der Betroffenen, die damit immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden: „„Wer rund um Hartz IV verdient, ist gesellschaftlich nicht mehr respektiert. Hartz IV ist wie ein Hamsterrad, das Leute unterhalb der Schwelle der Respektabilität hält“, so Dörre wörtlich.

Das Hartz IV-System, benannt nach dem Leiter der Reformkommission, Peter Hartz, ist ein Regelwerk, das die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland effizienter gestalten sollte. Es sieht strenge Sanktionsmaßnahmen vor.