Judith Pühringer im an.schläge-Interview zur Aktion “Auch das ist Arbeit”

Unter dem Motto „Auch das ist Arbeit“ rief arbeit plus im Mai im Rahmen einer Sticker-Aktion zur kreativen Auseinandersetzung mit dem gängigen Arbeitsbegriff auf. Mit Gabi Horak vom feministischen Magazin an.schläge sprach arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer über Erfahrungen, Ergebnisse und wie es nun weitergeht. Das Interview ist in der Ausgabe V/2017 erschienen. 

an.schläge: Was ist der „gängige Arbeitsbegriff“ und wie würdest du ihn erweitern?

Judith Pühringer: Ist von „Arbeit“ die Rede, ist meist Erwerbsarbeit gemeint. Für uns ist Arbeit in Anlehnung an die „Vier-In-Einem-Perspektive“ der Soziologin Frigga Haug auch Sorgearbeit (Kinderbetreuung etc), Freiwilligenarbeit und das, was man für sich selbst tut, etwa Weiterbildung. Wir glauben: Nur eine Erwerbsarbeit, die Raum lässt für die weiteren drei „Arbeits-Felder“ wird den Menschen und auch der Natur in ihrer Gesamtheit gerecht.

“Fleckerlteppich, der den Blick auf das Ganze der Arbeit richtet, wie wir sie verstehen.”

Hat sich diese Definition in den vergangenen Jahrzehnten geändert – oder nur unser Umgang damit?

Meiner Meinung nach ist die Definition über die Jahre dieselbe geblieben – ein weiteres Indiz dafür, wie dringend es einen neuen Blick braucht.

Was wolltet ihr mit der Kampagne erreichen?

Die Botschaft ist: „Jede Arbeit ist etwas wert, egal, ob bezahlt oder unbezahlt.“ Wir wollten auch Bewusstsein für eine gerechtere Verteilung von Arbeit schaffen: Zwischen Männern und Frauen, die ja nach wie vor die Hauptlast unbezahlter Tätigkeiten tragen. Aber auch insgesamt: Viele leiden unter Burnout, andere finden wiederum keinen Job. Ist man sich der Ungleichheit bewusst, kann man überlegen, wie sich das ändern kann, etwa durch Arbeitszeitverkürzung.

Besonders in Hinblick auf Geschlechterverhältnisse ist „Arbeit“ ein schwieriges Feld – angefangen bei der Definition, über Qualität und Auswahlmöglichkeit bis hin zu Bezahlung und Vereinbarkeit. Wie beurteilst du die aktuelle Situation in Österreich? Wie geht es Frauen in ihrer „Arbeit“?

Dass es einen Equal-Pay-Tag braucht, spricht allein schon Bände. In Österreich ist fast jede zweite Frau teilzeitbeschäftigt, aber nur knapp jeder 10. Mann. Aktuelle Umfragen zeigen, dass viele Frauen in Teilzeit lieber länger arbeiten würden, während sich viele Männer mehr Zeit für ihre Familie wünschen. Frauen tragen zusätzlich die Risiken, die Teilzeit mit sich bringt: schlechtere Aufstiegschancen, ein höheres Armutsrisiko etc.

Zeigt sich das auch in den Fotos, die ihr bekommen habt? Waren viele dabei von Frauen oder auch Männern, die das thematisiert haben?

Explizit für politische Statements genutzt haben die Aktion nur wenige. Aber viele nahmen den Ball auf, um haushaltsbezogene Tätigkeiten ins Blickfeld zu rücken. Sie sagten damit: „Das ist Arbeit, die wir täglich im Verborgenen machen und die häufig nicht also solche benannt wird.“ Und das ist ja genaugenommen auch eine sehr politische Aussage.

Wie kam die Aktion an? Wie seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

Wir haben so etwas zum ersten Mal gemacht, es war ein Experiment. Als Ziel haben wir uns 250 Fotos gesteckt, diese Größenordnung ist es auch geworden. Schön sind die vielen positiven Feedbacks, die wir erhalten haben. Viele konnten mit ihren Erfahrungen andocken, dementsprechend bunt ist die Bilderlandschaft. Die Motive reichen vom Nüsse knacken (im übertragenen wie realen Sinn) über die eigenen Tanzschuhe und das Rasenmähen bis zum Bewerbungen Schreiben. Manche Sozialen Unternehmen haben auch Einblicke in ihren Arbeitsalltag gegeben. Wir überlegen, aus den besten Motive eine Freecard-Serie zu gestalten. Außerdem finden wir, dass die Bilder vor allem in ihrer Gesamtheit wirken: als großer Fleckerlteppich, der den Blick auf das Ganze der Arbeit richtet, wie wir sie verstehen.

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