“Herausforderung angenommen”: Das war die Mitarbeiter*innentagung 2018!

„Wir spüren es alle: Nach dem Rückenwind der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, blicken die Sozialen Unternehmen nun raueren Zeiten entgegen. Doch egal, woher der Wind weht: Gute Seglerinnen und Segler bringen das Schiff immer vorwärts“, sagt arbeit plus-Vorstandsvorsitzende Manuela Vollmann in ihren Eröffnungsworten und streut den rund 110 Teilnehmer*innen der arbeit plus -Tagung 2018 Rosen: „Ein Grund für unsere Zuversicht sind Sie, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen Unternehmen.”

Manuela Vollmann: “Brauchen uns nicht zu verstecken.”

Vollmann ist überzeugt: „Ich denke, Sie und wir brauchen uns nicht zu verstecken. Wenn wir weiterhin bei dem bleiben, was wir können, authentisch sind und gut unseren Job machen, sind wir für die kommende Reise gut gerüstet.“ Bündnispartner*innen sowie Kooperationen, auch mit der Wirtschaft, würden dabei künftig eine noch größere Rolle spielen.

Rund 110 Mitarbeiter*innen Sozialer Unternehmen waren bei der Tagung dabei.

Die Tagung findet vom 26. bis 27. Februar in St. Pölten statt und richtet sich an alle Personalentwickler*innen, Arbeitsanleiter*innen, Berater*innen, Trainer*innen, kurz: alle Schlüsselkräfte der Sozialen Unternehmen in Österreich. Veranstaltet wird sie von den Beschäftigungsbetriebe Steiermark (BBS)  und arbeit plus Niederösterreich in Zusammenarbeit mit arbeit plus Österreich. Zwei Halbtage lang setzen sich die Teilnehmer*innen unter der professionellen Moderation von Silvia Wolf (Jugend am Werk Steiermark) intensiv mit zentralen Themen wie Digitalisierung, den Spannungsfeldern in der Vermittlungsarbeit sowie den Schwierigkeiten und Erfolgen in ihrem herausfordernden Berufsalltag auseinander.

Digitalisierung als Chance

Irene Kribernegg: “Digitalisierung als Chance”

„Digitalisierung bringt viele Herausforderungen, aber auch viele Chancen“, betont Irene Kribernegg (ILWIS Relations & Recruiting) in ihrem spannenden Fachvortrag zu möglichen Bewerbungsstrategien im Netz. Schlüsselarbeitskräfte in Sozialen Unternehmen seien hier mit einem „digitalen Spagat“ konfrontiert, da sie oft mit Menschen arbeiten, die kaum Berührungspunkte mit dem Internet und mobilen Endgeräten haben: „Die Frage ist, stecken wir den Kopf in den Sand, oder gehen wir auf Angriff?!“.

Silvia Wolf führte engagiert durchs Programm.

Weil Unternehmen beim Recruiting zunehmend auf das Internet setzen, rät Kribernegg den Personalentwicker*innen  Outplacer*innen, dafür zu sorgen „dass ihre Klient*innen im Netz gefunden werden“, etwa, indem sie auf digitalen Recruitingsplattformen wie Hokify und Sozialen & Business Network Plattformen wie Facebook oder Xing präsent seien. Auch eine eigene, individuelle Bewerbungwebsite könne im Einzelfall für Auffindbarkeit sorgen, wie Kribernegg mit anschaulichen Beispielen demonstriert. Weitere Tipps der Expertin: „Unterschätzen Sie die regionalen Jobbörsen, wie etwa www.steirerjobs.at oder www.jobwein.at – fürs Weinviertel – nicht. Seien Sie aber auch mutig und ,anders:´ Ein authentisches Bewerbungsvideo kann auf emotionale Weise Türen aufstoßen.”

Angst vor dem Computer nehmen

Die „Pinnwandrunden“ regten zum Nachdenken an.

Im Rahmen der späteren „Pinnwand-Runde“, in der die Tagungsteilnehmer*innen zu bestimmten Themen ihre Meinung kundtun, kommt das Thema Digitalisierung & Bewerbung noch einmal zur Sprache. „Wichtig ist, den Menschen die Angst vor Neuem zu nehmen und ihnen zu vermitteln, Online-Bewerbungen sind gar keine Hexerei“, lautet eine Meinung.  Andere finden: „Ich arbeite viel mit älteren Menschen, die nichts mit einem PC anfangen und das auch nicht wollen. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, dies zu ändern“, und: „Für unser Klientel sind unsere persönlichen Kontakte zu Firmen oft wichtiger als digitale Werkzeuge. Mir fehlt die Zeit für EDV-Trainings und es ist auch eine sehr individuelle Entscheidung, ob man bei Facebook und Co. präsent sein möchte.“

Um arbeitsmarktfernen Menschen die Scheu zu nehmen, bietet das niederösterreichische Soziale Unternehmen GESA EDV-Schulungen, auch für jene an, „die noch nie eine Maus in der Hand gehalten haben.“ Die GESA ist übrigens im Rahmen des Abendprogramms später auch Ort eines beeindruckenden Lokalaugenscheins: Hinter dem Stammhaus in der Daniel Gran-Straße 36 in St. Pölten entsteht derzeit das „Haus des Lernens“. Die Errichtung des nunmehr fast fertigen Baus ist eine Innovation, weil fast ausschließlich natürlich nachwachsende Baumaterialien wie Stroh (für das Innenleben der Wände), Lehm und Holz verwendet werden. Zusätzlich werden im Rahmen des Bauvorhabens arbeitssuchende Personen beschäftigt und qualifiziert. Im neuen Haus werden Lernwerkstätten, Büros und Seminarräume eingerichtet.

Stark und fit

Action im Workshop “Stark und Fit”

Eine breite Palette an Tipps und Tricks bieten die vier Workshops am Nachmittag. Unter dem Motto „Stark und fit“ animieren Petra Zöchner und Mario Szkledar (p&m OG) die Teilnehmer*innen dazu, „den Kopf für die nächsten eineinhalb Stunden draußen zu lassen, denn denken tun wir eh genug“. Die zahlreichen Übungen zur Entspannung im Alltag werden gleich an Ort und Stelle ausprobiert: Bei Müdigkeit rät Zöchner beispielsweise, die Finger an den Schläfen kreisen zu lassen: „Das aktiviert und dort befinden sich übrigens auch Akupunkturpunkte gegen Kopfschmerzen.“

Wenn Qualifikationen reisen

Im Workshop „Wenn Qualifikationen reisen“ geleitet Edith Zitz (inspire -Verein für Bildung und Management) die Anwesenden sicher durch den Regel-Dschungel bei der Anerkennung und Bewertung von (Berufs-)Qualifikationen, die im Ausland erworben wurden. Der Workshop „Rüstig und erfahren“ von Angelika Thaller und Klaus Jäger (FAB) thematisiert die Chancen und Hemmnisse der Zielgruppe 50plus. „Österreich hat sich bei den Erwerbsquoten von älteren Menschen verbessert, aber noch nicht genug“, sagt Thaller. Sie plädiert in diesem Zusammenhang auch für ein Umdenken bei den Unternehmen: „Es gibt nach wie vor Firmen, die prinzipiell keine Menschen über 50 einstellen und deren Lebensläufe schon von vorneherein aussortieren. Das muss sich ändern.“

Zusammenbringen, was zusammengehört

Alois Huber: „Vermittlung geht alle etwas an.“

Alois Huber (www.aloishuber.com), der Leiter des Workshops „Zusammenbringen, was zusammengehört“ plädiert eindrücklich dafür, dass die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt von allen Mitarbeiter*innen Sozialer Unterleben gelebt wird. Sein Credo: „Vermittlung geht alle etwas an.“ Und: „Sie sollte ab der ersten Minute beginnen, in dem Sinn, dass beispielsweise Transitmitarbeiter*innen wissen, wer wofür zuständig ist und den Outplacer oder die Outplacerin nicht erst einige Wochen nach Eintritt ins Unternehmen kennenlernen.“ Nach dem Motto „befähigen, es selbst zu tun“ findet Huber es zudem enorm wichtig, die Menschen dort tatkräftig zu unterstützen, wo sie Hilfe benötigen, aber die Verantwortung für die Jobsuche bei ihnen zu belassen.

Türöffner in den Arbeitsmarkt

Austausch unter Kolleg*innen macht Spaß und gibt Kraft.

Im Zuge der Podiumsdiskussion und den anschließenden Pinnwandgesprächen wird eindrücklich klar, welch wichtige Rolle Soziale Unternehmen bei der Vermittlung von langzeitarbeitslosen Menschen in den ersten Arbeitsmarkt spielte. So erzählte beispielsweise Astrid Prommegger von der SASt GmbH von einer albanischen Juristin, die dringend einen Job zum Überleben benötigte, aber mit ihrem Lebenslauf am österreichischen Arbeitsmarkt keine Chance hatte. Auf Vermittlung des Sozialen Unternehmens arbeitet die Frau nun in der Gastronomie.
Prommegger dazu: „Ich schicke den Betrieben in so einem Fall vorerst keine Unterlagen, ich sage ihnen, ich habe hier eine Person, die tolle Arbeit leistet und schlage ein Praktikum vor. Die Frau wurde fast vom Fleck weg engagiert. Das ist eben der Mehrwert, den wir als Soziale Unternehmen leisten: Wir können den Personen einen Fuß in der Tür verschaffen.“

(alle Fotos: arbeit plus/Franz Gleiss)

Download: Tagungsbericht2018