EU Vergabe-RL ermöglicht vorbehaltene Aufträge für Soziale Unternehmen

Am 15. Jänner 2014 stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments einer neuen Richtlinie für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu. Soziale Unternehmen werden durch die neue Richtlinie eindeutig gestärkt, denn für einen Zuschlag ist nun nicht mehr ausschließlich der Preis, sondern das beste Verhältnis aus Preis und Leistung verantwortlich. Für soziale und ökologische Kriterien eröffnen sich im Vergabeprozess viele neue Möglichkeiten.

Soziale Kriterien als Zuschlagskriterien

In der neuen Richtlinie werden die Möglichkeiten für die Einführung von sozialen und ökologischen Vergabekriterien deutlich erweitert. Im Gegensatz zur bisherigen Richtlinie 2004/18/EG können nun bestimmte Produktionsmethoden (z.B. Arbeitsbedingungen) verlangt werden, selbst wenn diese zu keinem ersichtlichen Unterschied beim Produkt führen. Bisher war dies nur bei ökologischen Kriterien möglich (z.B. Strom aus erneuerbaren Energiequellen). Allerdings muss ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben sein. (Artikel 67)

Vorbehaltene Aufträge bei mehr als 30% benachteiligten ArbeitnehmerInnen

Schon bisher war es möglich bestimmte Aufträge für geschützte Werkstätten oder integrative Betriebe zu reservieren. Durch die neue Vergaberichtlinie wird diese Möglichkeit auch auf Soziale Unternehmen ausgedehnt, deren Ziel die soziale und berufliche Integration von benachteiligten Menschen ist und die mindestens zu 30% behinderte oder benachteiligte ArbeitnehmerInnen beschäftigen:

Artikel 20

Vorbehaltene Aufträge

1.  Die Mitgliedstaaten können das Recht zur Teilnahme an einem Vergabeverfahren geschützten Werkstätten und Wirtschaftsteilnehmern, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, vorbehalten oder sie können bestimmen, dass solche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchgeführt werden, sofern mindestens 30 % der Arbeitnehmer dieser Werkstätten, Wirtschaftsteilnehmer oder Programme Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Arbeitnehmer sind.

2.  Im Aufruf zum Wettbewerb wird auf diesen Artikel Bezug genommen.

Umsetzung in nationales Recht erforderlich

Darüber hinaus finden sich noch einige weitere interessante Änderungen in der Richtlinie: Der Zuschlag im Vergabeprozess kann nun auch auf Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses erfolgen. Neben dem Preis können auch die Qualität und die gesamten Lebenszykluskosten eines Produkts berücksichtigt werden – von der Entwicklung bis hin zur Entsorgung. Zudem können öffentliche AuftraggeberInnen nun Labels (wie Fair Trade) verlangen, um die Erfüllung sozialer oder ökologischer Kriterien nachzuweisen.

Um rechtswirksam zu werden benötigt die Richtlinie noch die Zustimmung des Rates der Europäischen Union (Ministerrat) – voraussichtlich wird dies im Februar geschehen. Danach haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um die europäische Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

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