Bitte einsteigen! Für einen Arbeitsmarkt, der alle mitnimmt

Anlässlich des Tags der Arbeitslosen am 27. April fordert arbeit plus – das Netzwerk Sozialer Unternehmen ÖsterreichPolitik und Verwaltung auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und einen Aktionsplan gegen die steigende Langzeitarbeitslosigkeit zu entwickeln.

Trotz guter Konjunktur und Arbeitskräftemangel sind per März 2023 immer noch 259.440 Menschen beim AMS als arbeitslos gemeldet. Knapp jeder Dritte – also rund 80.000 Menschen – ist langzeitbeschäftigungslos. Die Anzahl der Menschen, die seit 5 Jahren ohne Beschäftigung sind, hat sich seit 2018 verdreifacht. Hinzu kommt der aktuelle Arbeitskräftemangel, der Politik und Verwaltung zusätzlich auffordert, sich dieser Realität zu stellen und nicht mit Positivmeldungen von der Verantwortung abzulenken.

Stolpersteine für langzeitarbeitslose Menschen beim (Wieder) Einstieg

Die Menschen wollen arbeiten, aber nicht alle können es zu den Bedingungen, die der Arbeitsmarkt von ihnen verlangt. Damit auch diese Menschen in den Arbeitsmarkt einsteigen können, braucht es den politischen Willen, unterstützende Rahmenbedingungen und ausreichend Ressourcen. „Menschen, die schon länger arbeitslos sind, brauchen nicht noch mehr Druck. Sie brauchen Begleitung und Unterstützung, um schrittweise wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen“, erklärt Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus Österreich. Konkret bedeutet das stufenweise Ein- und Wiedereinstiege mit langsam steigender Stundenzahl, längerfristig geförderte Beschäftigung und Begleitung, um akute Problemlagen anzugehen sowie Lösungen für Pflege und Kinderbetreuung.

„Wir bei arbeit plus, dem Netzwerk von 200 Sozialen Unternehmen in Österreich, zeigen Lösungen für Arbeitsmarktpolitik und Unternehmen auf, damit langzeitarbeitslose Menschen (wieder) arbeiten und nachhaltig ins Erwerbsarbeitsleben einsteigen können. Die aktuellen politischen Wortmeldungen lenken mit Positivmeldungen von der Realität ab, statt mit einem Aktionsplan, Hindernisse wie fehlende Betreuung und Begleitung endlich ressortübergreifend in Angriff zu nehmen“, fordert Rehbichler.

Keine Arbeitsaufnahme ohne Existenzsicherung

67% der langzeitarbeitslosen Menschen sind armutsgefährdet bzw. einkommensarm. Existenzielle Sorgen erlauben weder eine ernsthafte Arbeitssuche noch eine nachhaltige Arbeitsaufnahme. Arbeitslosigkeit ist die häufigste Ursache für ein Abrutschen in Armut. Niedriglohn und Niedrigarbeitslosengeld sind die Kettenreaktion in die Armut. Es geht darum, die Schwächen des Sozialstaats zu korrigieren und seine Stärken zu optimieren.

„Es braucht ein Arbeitslosengeld, das vor Absturz bewahrt und Chancen erhöht. Arbeitsmarktpolitik muss darauf abzielen, Menschen vor dem völligen sozialen Absturz zu bewahren – durch existenzsichernde Erwerbsarbeit, Erhöhung der Jobchancen und ein armutsfestes Arbeitslosengeld. Es ist nicht klug, eine sozial ausgewogene Reform weiter zu blockieren. Ein besseres, höheres Arbeitslosengeld schützt davor, in die Sozialhilfe zu fallen und verhindert in schwierigen Zeiten total abzustürzen. Die Situation hat sich jetzt mit den Teuerungen noch verschärft“, berichtet Martin Schenk von der Armutskonferenz. „Befinden sich Menschen in existenzbedrohenden Situationen, ist der Wohnraum oder die Kinder nicht abgesichert, dann ist weder an eine ernsthafte Arbeitssuche noch an eine nachhaltige Arbeitsaufnahme zu denken.“

Was attraktive Arbeitgeber*innen ausmacht

Auch die Arbeitgeber*innen sind gefordert sich an die Gegebenheiten anzupassen.

„Angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation braucht es neben dem politischen und gesellschaftlichen Wandel auch unternehmerische Anpassungen. Nur so können Unternehmen für Arbeitskräfte attraktiv und damit zukunftsfit bleiben. Für eine erfolgreiche Arbeitsaufnahme müssen Arbeitsplätze und die Bedürfnisse der Menschen Hand in Hand gehen. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, geteilte Verantwortung in der Führung und vor allem eine systematische Aufnahme von Bildung und lebenslanger Qualifizierung in jedes Arbeitsverhältnis“, so Manuela Vollmann, ABZ*Austria Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende von arbeit plus. „arbeit plus Unternehmen wissen wie das geht und können Unternehmen und Politik in der Aufschließung von Arbeitskräftepotenzial unterstützen“, so Vollmann weiter.

Jeder Mensch verdient eine zweite Chance – vor allem am Arbeitsmarkt

Einzelne Initiativen gibt es schon. Für jene Menschen, die seit mindestens fünf Jahren arbeitslos sind, hat zum Beispiel das AMS Wien jetzt das Pilotprojekt ‚Schritt für Schritt‘ gestartet: Eine Kombination aus einer Beratungseinrichtung und zweier Sozialökonomischer Betriebe. „Training – Arbeit – Vermittlung (TAV) – dafür stehen die Volkshilfe Betriebe. Taff und herausfordernd ist auch der Wiedereinstieg ins Berufsleben. Dafür braucht es Unterstützung und diese können wir und unsere Partnerorganisationen mit dem neuen Angebot des AMS Wien ‚Schritt für Schritt‘ ab jetzt noch besser leisten!“, freut sich die Volkshilfe Wien Geschäftsführerin Tanja Wehsely über das neue Gemeinschaftsprojekt der Volkshilfe mit Caritas und FAB. „Gerade für Frauen gelten noch immer höhere Anforderungen im Arbeitsalltag und besonders beim Wiedereinstig. Hier gilt es ein gesellschaftliches Umdenken zu bewirken – denn jeder Mensch verdient eine zweite Chance – vor allem am Arbeitsmarkt!“, fordert die diesjährige SHEconomy MINERVA-Frauenpreisträgerin, Tanja Wehsely. 

Forderungen von arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich:

  • Aktionsplan mit ausreichend Ressourcen zur systematischen Reduktion von Langzeitarbeitslosigkeit;
  • Ressortübergreifend Hindernisse aus dem Weg schaffen, damit Menschen arbeiten können: Förderung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, die mit Betreuungspflichten vereinbar sind, altersgerechte und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen, Mobilitätsangebote;
  • Weniger Druck mehr Unterstützung durch stufenweise Eintrittsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt, flächendeckende Kinderbetreuung und Pflege, sowie hochwertige Qualifizierungsangebote;
  • Ein existenzsicherndes Arbeitslosengeld– deshalb braucht es dringend eine Valorisierung;
  • Von Unternehmensseite: Attraktive Arbeitsplätze, die mit den Bedürfnissen und Ansprüchen der Menschen Hand in Hand gehen (flexible Arbeitszeiten, 30:30 Model, Top Job Sharing,…);
  • Löhne rauf! Auch und gerade für geringqualifizierte, aber gesellschaftlich notwendige Jobs.