Die Arbeitsmarktreform darf nicht zur Armutsfalle werden

arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich fordert Fokus auf Langzeitbeschäftigungslose, insbesondere Frauen

Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine vordergründige Tendenz handelt. Gruppen wie Jugendliche oder Langzeiterwerbsarbeitslose, vor allem Frauen und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, profitieren davon nur unzureichend. Im Februar 2022 galten 105.649 Menschen als langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose, waren also seit bereits mehr als einem Jahr ohne Job – etwa die Hälfte davon sind Frauen. Sie trifft verfestigte Arbeitslosigkeit ganz besonders.

Anlässlich der Enquete zur Arbeitslosenversicherung Neu, zu der Arbeitsminister Kocher am 7. März Parlamentarier*innen, Sozialpartner*innen und Expert*innen in die Hofburg lädt, fordert arbeit plus die Politik erneut auf, Auswirkungen auf Langzeitbeschäftigungslose, insbesondere Frauen, in den Mittelpunkt zu rücken. Eine Arbeitsmarktreform darf nicht zu deren Nachteil werden. Die bisherigen Bestrebungen der Bundesregierung, wie etwas das Programm Sprungbrett, haben mehrfach benachteiligte Gruppen nicht ausreichend erreicht.

Vor allem Frauen sind häufig auf den geringfügigen Zuverdienst während der Arbeitslosigkeit angewiesen: Eine Mutter verdient z.B. als 20 h Teilzeit-Bürokraft im Angestelltenverhältnis € 1.000 brutto. Zusätzlich geht sie einer geringfügigen Beschäftigung im Verkauf nach (€ 450). Sie verliert ihren Teilzeitjob und wird arbeitslos. Wenn sie aufgrund der geplanten Änderungen keine Möglichkeit zum Zuverdienst mehr hat, dann bleiben ihr anstelle der bisherigen € 1.200 nur mehr € 780 zum Leben. Somit liegt sie deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von € 1.328. Ein zusätzliches Aussetzen des Arbeitslosengeldes zu Beginn der Arbeitslosigkeit, wie im Zuge der Einführung eines degressiven Arbeitslosengeldes diskutiert, würde Menschen ohne Rücklagen noch rascher in die Armutsfalle drängen.

Wir beraten und begleiten viele Frauen, die trotz Arbeit in ihrer Existenz nicht abgesichert sind. Dabei sind finanzielle Eigenständigkeit und ökonomische Unabhängigkeit von Frauen ein wichtiger Schlüssel zur Gleichstellung, so Manuela Vollmann, arbeit plus Vorstands Vorsitzende und ABZ*Austria Geschäftsführerin. Zu guter Arbeit und einem guten Leben gehört auch die Vereinbarkeit von Freizeit, Familie, Erholung und Beruf. Zusätzlich verrichten Frauen den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. Auch bei Betreuungslücken durch Corona (Distance Learning, Schließen von Kindergärten und Schulen) springen meist Frauen ein, um diese zu füllen, so Vollmann weiter.

Für eine erfolgreiche Reform müssen die Hebel auf mehreren Ebenen gleichzeitig angesetzt werden, betont Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus. Neben dem Beibehalten der Möglichkeit von Zuverdienst plädiert sie für verbesserte Rahmenbedingungen: Degression darf auf keinen Fall Gruppen treffen, die jetzt schon prekär leben. Die Möglichkeit, dazu zu verdienen, muss für Langzeitbeschäftigungslose in jedem Fall erhalten bleiben. Außer den Stellschrauben im ALVG braucht es ergänzende Beschäftigungsmodelle, die Lücken schließen. Denn: Das Silo-Denken bringt uns nicht weiter: Wir brauchen umfassende Ansätze, die das Sozialsystem ebenso einbeziehen wie das Pensionssystem. Sonst passiert Arbeitsmarktpolitik auf dem Rücken der Schwächsten, und die Unterstützung wird nur von einem in ein anderes Ressort verschoben.

arbeit plus, das Netzwerk von 200 Sozialen Unternehmen mit knapp 500 Standorten in ganz Österreich, hat seine langjährige Expertise bereits vergangenen Herbst in Form von 15 Punkten für eine erfolgreiche Arbeitsmarktreform eingebracht.

Rückfragen & Kontakt:

Mag.a Christine Newald, MA
arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich
christine.newald@arbeitplus.at
www.arbeitplus.at
Mobil: +43 676 734 73 00

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