Betreutes Konto statt Sachwalterschaft: Aktion 20.000 macht’s möglich

Das „Betreute Konto“ der Schuldnerberatung kann für viele Menschen eine Alternative zur Sachwalterschaft sein. Bislang wurde dieses Angebot in der Steiermark nicht gefördert. In der Schuldnerberatung Steiermark können nun zwei neue Mitarbeiter*innen einen großen Teil der durch das Betreute Konto anfallenden Aufgaben übernehmen, um die freiwillige Einkommensverwaltung dieser Menschen zu unterstützen. Finanziert werden die beiden über die Aktion 20.000 zur Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit von Personen über 50.

Sachwalter*innen regeln die Angelegenheiten von Menschen, die das aufgrund einer psychischen Erkrankung oder intellektuellen Beeinträchtigung nicht selbst schaffen. In vielen Fällen ist dies wichtig und richtig, weil es die Betroffenen vor persönlichen und finanziellen Nachteilen schützt. In vielen Fällen ist dieser schwerwiegende Eingriff in die Selbstbestimmung aber gar nicht nötig. Dann nämlich, wenn eine sozialarbeiterische Betreuung völlig ausreicht, damit die Menschen ihre Probleme im Umgang mit dem Geld in den Griff bekommen. Das zeigen die Erfahrungen der Schuldnerberatung.

Alternative zur Sachwalterschaft

Reinhard Rausch (61): “Die Aktion 20.000 hat mir geholfen, eine Stelle zu finden, die mich auch emotional ausfüllt.”

Die Schuldnerberatung Wien hat mit dem „Betreuten Konto“ ein Alternativmodell zur Sachwalterschaft entwickelt. Konkret handelt es sich um ein komplexes IT-System, das die Mitarbeiter*innen in der Schuldnerberatung und die zuständigen Sozialarbeiter*innen schon informiert, wenn Zahlungsvorgänge nicht wie gewohnt ablaufen. Etwa, wenn Gehälter oder Sozialleistungen nicht überwiesen werden oder der Kontostand die Miete nicht abdeckt. Im Rahmen der freiwilligen Einkommensverwaltung greifen die Berater*innen dann rechtzeitig ein, bevor der Strom abgedreht oder die Wohnung gekündigt wird. Sie bewahren damit viele Betroffenen vor einer Besachwalterung und entlasten zudem nachhaltig die Betreuer*innen in sozialarbeiterischen Einrichtungen wie Wohnungslosen- oder Jugendhilfe, deren Kund*innen Probleme im Umgang mit Geld haben. Das Vertretungsnetz Steiermark und die Schuldnerberatung Steiermark haben in einem Pilotprojekt im Vorjahr 25 solcher Betreuter Konten im Zuge des Clearing Plus verwaltet und sehr positive Erfahrungen gemacht: Auch hier konnte vielen Menschen die Besachwalterung erspart bleiben. Für ein fortlaufendes, flächendeckendes Angebot fehlte das Geld.

Unterstützung bei der Personalsuche

„Dank der Aktion 20.000 zur Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen über 50 konnten wir Anfang September in Deutschlandsberg und Voitsberg zwei Personen anstellen, die sich um den Verwaltungsaufwand rund um das Betreute Konto kümmern“, freut sich Christof Lösch, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Steiermark: „Wir wollten die Aktion 20.000 dafür nutzen, um in unserem Bereich innovative Lösungen für wachsende gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln.“ In der Ausschreibung suchte die Schuldnerberatung nach qualifizierten Mitarbeiter*innen, die die notwendige Genauigkeit, wirtschaftliches Verständnis und gute kommunikative Fähigkeiten mitbringen. Die AMS-Regionalstellen Deutschlandsberg und Voitsberg unterstützen bei der Personalsuche und wickelten die Förderung schnell und unbürokratisch ab.

Seit 1. September bereichern nun Gerlinde Wiltsche (52) und Reinhard Rausch (61) das Team. Wiltsche war lange Zeit im administrativen Bereich tätig, teils über mehrere Jahre in der Büroleitung und mit Geschäftsführungsagenden. 16 Jahre lang widmete sie sich zuhause der Erziehung ihrer drei Kinder. Zuletzt war Wiltsche bei einem deutschen Bürstenhersteller angestellt und verkaufte dessen Produkte – bis dieser auf Online-Handel umsattelte. Über die darauffolgende, über einjährige Arbeitslosigkeit sagt die ausgebildete Bilanzbuchhalterin: „Ich hab das in meinem Leben öfter durchgemacht und es war immer ein tiefes Tal, wo man froh ist, wenn man da wieder herauskommt. Aber ich habe nie die Hoffnung aufgegeben und bin sehr froh, dass das jetzt geklappt hat. Die neue Arbeit macht mir großen Spaß.“

„Aktion 20.000 war mein Rettungsanker“

Rausch arbeitete viele Jahre als Hausverwalter und technischer Angestellter. Zuletzt war er für ein Unternehmen in der Erdölindustrie tätig. Nachdem dort sein Arbeitsplatz gestrichen worden war, folgten für ihn 15 Monate Arbeitslosigkeit. „Die Aktion 20.000 war eindeutig mein Rettungsanker. Sie hat mir geholfen, eine qualifizierte Stelle zu finden, die mich auch emotional ausfüllt“, sagt Rausch.

Derzeit werden die beiden Mitarbeiter*innen auf dem neuen IT-System zur freiwiligen Einkommensverwaltung eingeschult. Künftig werden sie auch die Klient*innen betreuen. Verständnis und Empathie seien hier wichtig, findet Rausch: „Die Menschen in unserer Gesellschaft haben alle unterschiedliche Probleme. Bei einer Grippe versteht ja auch jeder, warum man zum Arzt geht. Wir sind eben für Menschen mit Geldproblemen da.“ Reinhard Rausch hofft, dass seine Anstellung nach dem Auslaufen der Aktion 20.000 in zwei Jahren verlängert wird. Auch Gerlinde Wiltsche wünscht sich das mehr als alles andere. „Auf jeden Fall ist es aber besser, zwei Jahre zu arbeiten, als gar nicht“, ist sie überzeugt.