Öffentliche Vergabe & soziale Dienstleistungen

Titelseite des Themenpapiers Öffentliche Vergabe & soziale Dienstleistungen
Themenpapier Öffentliche Vergabe & soziale Dienstleistungen (Stand: 26. September 2016)

In 20 Sekunden

2016 muss Österreich die EU-Vergaberichtlinie in nationales Recht gießen. Dahinter verbirgt sich eine einzigartige Chance für die benachteiligte Menschen und die Sozialen Unternehmen. Denn künftig wird es möglich sein Aufträge für Soziale Unternehmen vorzubehalten. Das wäre ein enormer Hebel für die Arbeitsmarktpolitik, denn so könnten zahlreiche Arbeitsplätze für benachteiligte Menschen geschaffen werden. Wie Österreich sein Vergaberecht gestaltet, bestimmt mit, wie und in welcher Qualität die Arbeitsmarktintegration von benachteiligten Menschen und viele andere soziale Dienstleistungen in Zukunft organisiert werden.

Download: Themenpapier: Öffentliche Vergabe & soziale Dienstleistungen (Stand: 26. September 2016)

 

Die Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinie …

Mit der noch im Jahr 2016 anstehenden Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie erhält Österreich die Chance, die Vergabe öffentlicher Aufträge als Hebel für arbeitsmarktpolitische, soziale oder ökologische Ziele zu nutzen. Mit der Überarbeitung des Bundesvergabegesetzes kann Österreich damit wichtigen gesellschaftlichen Anliegen, wie der wirksamen Integration von langzeitarbeitslosen Menschen, der qualitätsvollen Pflege oder der flächendeckenden Versorgung mit Rettungsdiensten, den Rücken stärken.

… ermöglicht es öffentliche Aufträge für Soziale Unternehmen zu reservieren

Mit der neuen Vergaberichtlinie wird es möglich, Aufträge für Soziale Unternehmen vorzubehalten, wenn deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von benachteiligten Menschen ist und zumindest 30 Prozent der dort beschäftigten Personen benachteiligte ArbeitnehmerInnen sind. Diese vorbehaltenen Aufträge müssen gezielt eingesetzt werden, um neue Arbeitsplätze für jene Menschen zu schaffen, die durch die aktuellen Strukturen des Arbeitsmarktes benachteiligt werden. Gerade in Zeiten hoher Langzeitarbeitslosigkeit, mangelnder Aussichten für Arbeitslose über 50 oder für behinderte Menschen muss die Politik alle Mittel ergreifen, um die Jobchancen benachteiligter Menschen zu erhöhen.

Ein weiterer Hebel kann die Einführung von sozialen Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sein. In den letzten Jahren sind ökologische Kriterien in Österreich immer stärker berücksichtigt worden. Der Gesetzgeber muss nun beim Vergaberecht auch die soziale und qualitätsorientierte Brille aufsetzen. Was bislang fehlt, ist eine Liste einschlägiger sozialer Kriterien wie etwa die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen, Ausbildung von Lehrlingen, Regionalität, die Reinvestition von Gewinnen oder die Förderung von am Arbeitsmarkt benachteiligten Gruppen – zum Beispiel durch die Festlegung eines gewissen Anteils von Frauen in Führungspositionen und Diversity Management Konzepte.

Soziale Dienstleistungen brauchen Qualitätswettbewerb und kein Preisdumping

Durch die Richtlinie wird das Vergaberegime grundsätzlich ausgeweitet – auch für den Bereich der sozialen Dienstleistungen. Doch soziale Dienstleistungsunternehmen ticken anders als andere Unternehmen, da sie die Teilhabe der Menschen an Grundbedürfnissen wie Gesundheit, Wohnen, Bildung und Arbeit sicherstellen. Das bringt eine besondere Verantwortung des Staates mit sich, die dieser bei der Gestaltung des neuen Vergaberechts nun unter Beweis stellen kann. Die Europäische Union hat die besondere Stellung der sozialen Dienstleistungen in der Richtlinie anerkannt und ihren Mitgliedstaaten großen Gestaltungsspielraum eingeräumt.

Es ist wichtig, dass arbeitsmarktpolitische Dienstleistungen und andere soziale Dienstleistungen effizient organisiert sind. Aber ebenso wichtig ist es, dass die Qualität stimmt, das Angebot auch in entfernten Regionen verfügbar ist und Kostendruck nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Preisdumping hat deshalb im Sozialsektor nichts verloren. Das Billigstbieterprinzip muss daher einem verpflichtenden Bestbieterprinzip weichen. Außerdem soll im Sozialbereich – soweit wie möglich – auf Ausschreibungen verzichtet.

Vergabepolitik statt Vergaberecht

Die Vergaberichtlinie bietet den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zahlreiche Möglichkeiten, um die öffentliche Vergabe als Hebel für soziale, ökologische oder gleichstellungsorientierte Ziele zu nutzen und um dem besonderen Stellenwert sozialer Dienstleistungen gerecht zu werden.

Es liegt nun an Österreich diese Spielräume zu nutzen, im Bundesvergabegesetz zu verankern und dafür zu sorgen, dass die neuen Möglichkeiten auf breiter Ebene angewandt werden.

Download des Themenpapiers

Themenpapier: Öffentliche Vergabe & soziale Dienstleistungen (Stand: 26. September 2016)